„Robuste Einsatzlage“ muss nichts für „robuste Einsatzkräfte“ sein

Innenminister Reul macht immer wieder mit markigen Sprüchen auf sich aufmerksam. Diese stehen oftmals im Konflikt mit der tatsächlichen Einsatzrealität. Solche Widersprüche zeigen sich nun erneut bei den "robusten" neuen Einsatzhundertschaften, die vom Minister angekündigt wurden.

„Robust gehört ganz klar zu den Lieblingswörtern des Landesinnenministers Reul“, stellt der SPD-Landtagsabgeordnete Guido van den Berg fest. Er zitiert den NRW-Innenminister, der mit Blick auf Straftäter im Hambacher Forst erklärt hatte: „Die Polizisten tun ihre Pflicht und werden wenn nötig auch robust einschreiten“.

Nun hat Reuls Ministerium die Einrichtung von drei besonders durchsetzungsfähigen Hundertschaften als „Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten“ angekündigt, die besonders „robust“ auftreten sollen. Das war
Anlass für Guido van den Berg nachzufragen, ob die „robusten Kräfte“ nun zum „robusten Einsatz“ im Hambacher Forst passen. Dazu wollte Minister Reul aber nicht klar antworten und befand, dass das jeweils der einsatzführende Aachener Polizeipräsident zu entscheiden habe.

Guido van den Berg fiel auch auf, dass die markigen Worte des Innenministers nicht immer zur tatsächlichen polizeilichen Arbeit vor Ort passen: „Reul will wohl Law and Order vermitteln, zum tatsächlichen Einsatzgeschehen passt das aber nicht immer“.

Pikanterweise zitiert der SPD-Landtagsabgeordnete aus der aktuellen Ausgabe der „Streife“, die vom Minister des Inneren herausgegebenen wird. Im Artikel „Mit Dialog und Transparenz Proteste entschärfen“ heißt es zur polizeilichen Einsatzlagebewältigung im Hambacher Forst: „Es gibt informelle Treffen, wo wir unsere Positionen vertreten und verdeutlichen, zu welchen Maßnahmen wir im Falle eines Falles greifen müssen. Aber wir nehmen auch die Ansichten der Protestler zur Kenntnis und versuchen, deren Denken zu verstehen.“ (…) „‘Die Aktivisten wissen, wie wir Tag und Nacht erreichbar sind. Darüber hinaus haben wir Handynummern der wichtigsten Leute im Camp. So wurde schon einmal durch ein Telefonat angekündigt, wenn die Beamtinnen und Beamten aus Aachen anrücken, um Barrikaden zu räumen. Umgekehrt fragen die Protestler nach, womit ein Polizeieinsatz begründet sei oder erkundigen sich danach, was mit Aktivisten  passiere, die in Polizeigewahrsam genommen worden waren. Manchmal laufen dabei gewissermaßen die Drähte heiß“.

Guido van den Berg meint, dass die Wortwahl des Ministers im Innenausschuss einen anderen Eindruck von der Polizeiarbeit vermittelt. Dort hatte Reul in einem Bericht erklärt, dass das autonome Spektrum der Waldbesetzerszene durch Personen aus Hamburg, Berlin, Leipzig oder südeuropäischen Ländern anwachse und man
eine veränderte Szene habe, „die im Kernbereich den Dialog verneint. Bei Begegnungen zwischen Waldbesetzern und der Polizei im Hambacher Forst zeigen die Besetzer neuerdings eine erhöhte Konfrontationsbereitschaft, die auch gegenüber eingesetzten Beamten oder Journalisten durch martialisches Auftreten verdeutlicht wird. Auch der Sprachgebrauch belegt, beispielsweise in Blogeinträgen oder im unmittelbaren Kontakt, deutlich eine mangelnde Kommunikationsbereitschaft und in Teilen auch Militanz“.

In der Antwort auf eine Kleine Anfrage von Guido van den Berg verweist das Innenministerium darauf, dass dies alles Fragen seien die die konkrete Einsatzkonzeption des Aachener Polizeipräsidenten betreffen würden. Die Widersprüche zur Kommunikation des eigenen Ministers kann das Ministerium nicht erklären.

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