Mein Waldspaziergang im Hambacher Forst

Ich war bei schönstem Herbstwetter Teilnehmer eines "Waldspaziergangs" im Hambacher Forst. Mit dabei waren ca. 300 Interessierte, aber auch zahlreiche vermummte Leute aus der Waldbesetzerszene und Polizeipräsident Weinspach.

Wald Führer Zobel im Gespräch mit Guido van den Berg

Apelle der Polizei für Gewaltlosigkeit.

Am vergangenen Wochenende bin ich der Einladung zu einem „Waldspaziergang“ in den Hambacher Forst gefolgt. Mit mir waren rund 300 Menschen mit dabei, von denen ein Teil auch zu der Waldbesetzerszene gehört. Mir war es gerade angesichts der offenbar angespannten Lage wichtig, als Abgeordneter Präsenz zu zeigen und ansprechbar zu sein. Die Aachener Zeitung hatte vor wenigen Tagen berichtet, dass sich „die Szene“ im Wald verändert habe und in Blogs der Waldbesetzer war zu lesen:

„Es gibt keine ,guten‘ Polizisten.“ „Wir wollen keinerlei Polizisten im Hambacher Forst. (…) Und wenn diese es nicht anders verstehen, dann sollen sie sich nicht wundern, wenn mal wer unfreundlich oder ruppig wird.“ 

Vor diesem Hintergrund habe ich Hochachtung davor, dass der Aachener Polizeipräsident Dirk Weinspach den Waldspaziergang noch einmal nutzte, um vor der Rodungssaison alle Gesprächsmöglichkeiten für ein Werben um Gewaltlosigkeit zu nutzen.

Jede Chance zum Gespräch genutzt.

In den ersten Stunden kam es zu wenigen Austauschmöglichkeiten für den Polizeipräsidenten mit Protestteilnehmern, da eine Gruppe Vermummte wohl das Ziel gehabt hat, ihn stets mit Musik und Sprechgesängen zu übertönen. Da die Begehung aber 4 ½ Stunden gedauert hat, nutzte sich das ab und es kam schließlich zum Austausch. Auch für mich als Abgeordneten ergab sich nach etwa der Halbzeit der Begehung die Chance mit dem ein oder anderen ins Gespräch zu kommen.

Zwei Polizei-Fahrzeuge angegriffen.

Zu einem bedauerlichen Rückschlag kam es, als bekannt wurde, dass die zwei Polizeifahrzeuge, mit denen der Polizeipräsident und seine Begleiter angereist waren, während des Waldspazierganges am Parkplatz von Unbekannten mit Bitumen übergossen und fahruntauglich beschädigt wurden. Sie musste abgeschleppt und Ersatzfahrzeuge herbeigeführt werden. Für mich war das der spannendste Augenblick der Begehung: Da der Polizeipräsident den Wald-Führer Herrn Zobel hierauf direkt ansprach und betonte wie traurig es ist, dass Dialogbereitschaft so beantwortet wird. Herrn Zobel konnte man seine Betroffenheit anmerken. Er distanzierte sich und betonte, dass er aber auch jetzt keine Einzelheiten kennen würde. Ein anderer Redner ergriff das Wort und spekulierte, dass man ja auch schon erlebt habe, dass Mitarbeiter des niedersächsischen Verfassungsschutzes Straftaten verübt hätten, um sie anderen unter zu schieben. Andere betonten, dass der Verlust von zwei Autos ja nichts gegen die Umweltzerstörung durch den Braunkohlenbergbau sei.

Herr Kemmerich hat zwischenzeitlich Strafanzeigen gestellt.

An einer weiteren Wanderstation berichtete Herr Kemmerich, wie er Ende 2016 Opfer von Polizeigewalt geworden sei. Herr Zobel nutzte den Bericht, um mich vor der Versammlung direkt anzusprechen und zu behaupten, ich hätte diese Polizeigewalt bestritten, da Herr Kemmerich zuerst keine Anzeige gestellt hatte. Ich habe mich dann vor der Versammlung zu Wort gemeldet und klargestellt, dass ich die behauptete Polizeigewalt zu Lasten von Herrn Kemmerich weder bestritten noch bestätigt habe. Da Herr Kemmerich sich über Medien beklagt hatte, was ihm widerfahren sein soll und über Medien auch Strafanzeigen angekündigt hatte, habe ich als Mitglied des Innenausschusses Auskunft vom Ministerium hierzu erbeten. Es gehört schließlich zu meinen Aufgaben behaupteten Verfehlungen der Polizei in NRW auch ernsthaft nachzugehen. Ich war dann verwundert, dass Mitte Januar offenbar noch keine Anzeige erfolgt war (https://www.guido-vandenberg.de/2017/02/22/offenbar-keine-anzeige-erstattet/). In der Versammlung wurde dann festgestellt, dass Herr Kemmerich diese Anzeige dann wohl inzwischen vorgenommen hat und ich wurde gebeten, dies klar zu stellen. Das mache ich hiermit gerne.

Sicherlich besonderer Waldspaziergang.

Mehrfach festgestellt wurde, dass dieser Waldspaziergang nicht den üblichen Routenverlauf nahm, da seitens der Vermummten dies offenbar beim Waldführer Herrn Zobel erbeten wurde. Wir haben daher den Weg über die ehemalige Autobahntrasse gewählt, um nicht an den aktuellen Sperren und Blockadebauten vorbei zu kommen. Auch der Vorschlag des Polizeipräsidenten auf dem Rückweg die betreffenden Stellen im Hambacher Forst gemeinsam in einer Gruppe zu besuchen, wurde von Waldbesetzern nicht aufgegriffen. Absurd empfand ich den mehrfach von Vermummten vorgetragenen Vorwurf, dass der Besuch des Polizeipräsidenten und mir das Ziel verfolgen würde, den Protest zu spalten. Mein Dank geht da klar an Herr Zobel, der unseren Besuch mehrfach unterwegs als das gewertet hat, was er war: Ein Beitrag zum Dialog.

Der WDR begleitete die Wald Führung

Mein Fazit.

Für die Gespräche, die ich mit verschiedenen Braunkohlengegnern (auch mit Vermummten) führen durfte, will ich mich bedanken. Ich habe verstanden, dass einige glauben, ein so wichtiges politisches Ziel zu verfolgen, dass man hierzu auch Regelüberschreitungen in Kauf nehmen müsse. Mich hat es positiv gestimmt, dass mein Hinweis, dass ein edles Motiv niemals Gewalt begründen darf, sondern demokratischer Entscheidungsprozesse bedürfte, auch von einigen nachdenklich aufgegriffen wurde. Mich hat es erschrocken, dass das staatliche Gewaltmonopol in unserem Rechtsstaat doch von einigen als so wenig grundlegend anerkannt wird. Es bleibt dabei: Ein scheinbar guter Zweck heiligt keine falschen Mittel.