

Auf volle Reihen konnte der NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin bei der jüngsten Tagung der Friedrich-Ebert-Stiftung im Bedburger Schloss blicken. Über 100 Teilnehmer wollten darüber diskutieren, welche Einstellungen und Überzeugungen fuer einen gelungenen Strukturwandel tragend sind. Minister Duin rief die Region dazu auf, sich ihrer Stärken bewusst zu machen: "Das Rheinische Revier steht durch die Energiewende vor grossen Veränderungen, aber das Umfeld ist hier duch Wissenschaftsstandorte und weitere Industrie deutlich stärker als zum Beispiel im Ruhrgebiet. Das Land will den im Braunkohlenrevier anstehenden Wandel fördern. Die entscheidenden Impulse musseen aber vor Ort entwickelt werden." Dann machte es der Minister sehr konkret und forderte dazu auf, dass sich die Innovationsregion Rheinisches Revier (IRR) für die Regionalen 2022 und 2025 bewerben sollte, bei denen das Land seine Städtebaufördermittel konzentriert. "Die riesigen Flächen der ehemaligen Tagebaulandschaften sind eine große Chance für die Wachstumsregion im Rheinland. Sie können hier Strukturwandel in Echtzeit zeigen“ so Minister Duin.
Das war eine Botschaft, die gerade Bedburgs Bürgermeister Sascha Solbach gut gefiehl. In seinem Grusswort betonte es, dass die Region neue Flächen für Entwicklung brauche: "Wir wollen das in Zusammenarbeit mit unseren, Nachbarn angehen." Die Idee zur Regionalen-Bewerbung passte auch zur Einleitung von Jeanette Russbuelt von der Friedrich-Ebert-Stiftung: „Seit fünf Jahren begleitet unsere Stiftung den Strukturwandel in der Braunkohle mit einer Konferenzreihe. Viele gute Ideen sind entstanden. Stadt und Land müssen jetzt an einem Strang ziehen, um den Wandel erfolgreich zu gestalten.
Einen Blick auf die psychologischen Grundlagen für einen erfolgreichen Strukturwandel warf Dr. Roh Pin Lee von der Technischen Universität Bergakademie Freiberg. Sie verwies darauf, dass Menschen Urteile und Wertungen in Sekundenbruchteilen herbeiführen: "Dabei baut man häufig Urteile auf falschen Annahmen auf. Vertrauen für einen realistischen Pfad für Wandel kann daher nur langfristig und mit ganz viel Kommunikation erreicht werden." Sie legte Befragungsergebnisse vor, die zeigten, dass eine Mehrzahl der Menschen aktuell etwa die Rolle der Kernenergie deutlich überschätzen und die Rolle der Braunkohle im Marktanteil unterschätzen.
In der anschließenden Podiumsdiskussion betonte Dirk Schumacher als Betriebsrat der RWE Power AG im Frechener Technikzentrum Tagebaue, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich der Notwendigkeit eines Wandels klar bewusst sind: "Wir bauen jetzt bereits massiv Jobs ab und die Mannschaft verzichtet auf Lohnbestandteile. Es müssen aber auch Sicherheiten erkennbar bleiben, sonst geht die Bereitschaft verloren, diesen Weg zu gehen.“ Wie auch Guido van den Berg zeigte er Unverständnis für die jüngsten Kohleausstieg-Berechnungen der Verdi-Gewerkschaft. Der SPD-Landtagsabgeordnete betonte: "Klar brauchen wir neue Branchen. Wir müssen aber bestehende Strukturen der Braunkohle intelligent mit erneuerbaren Engergien und Cancen der Bioökonomie weiter entwickeln. Wer die kompletten Grundlagen der Wertschöpfung von heute sofort abschaffen will, kann keinen Erfolg haben."
Das besatigte auch Prof. Robert Schlögl vom Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion in Mülheim: "Eine kohlenstofffreie Gesellschaft ist irreal. Nutzen Sie ihre Kompetenzen und entwickeln Sie diese für die Kreislaufwirtschaft weiter. Ihre Braunkohle kann ein wertvoller Chemierohstoff sein. Machen Sie sich bewusst, dass sie im Gegensatz zu ganz vielen Regionen ein klares Profil haben."
Um die Debatte breit zu verankern bot Prof. Harald Bolt vom Forschungszentrum Jülich an, auf die Kommunen in der Region aktiv zuzugehen: "Wir haben in der IRR ein neues Schulprojekt – vom Knirps zum Kenner – aufgelegt, das ist für solche Diskussionen ideal." Am Schluss konnte nicht nur der Moderator Ralf Erdenberger ein positives Fazit der Tagung ziehen, auch zahlreiche Besucher nutzen die Gelegenheit an zahlreichen Ständen im Arkadenhof des Bedburger Schlosses Diskussionen fortzusetzen. Hier hatten einige Firmen Informationen bereitgestellt, wie sie sich mit konkreten Projekten in den Strukturwandel einbringen. "Diese Debatte macht Mut auf mehr" stellte der WDR 5 Moderator fest.