Lesen Sie hier den Bericht: "Was kommt, wenn die Kohle geht?" von Thorsten Karbach in der Aachener Zeitung vom 28.02.2015:
"Was kommt, wenn die ersten Bagger gehen? Die Zeit nach dem Braunkohleabbau im Rheinischen Revier, mit dem 10.000 Arbeitsplätze direkt und weitere 10.000 indirekt verbunden sind, ist die große Unbekannte, wenn es um die wirtschaftlichen Perspektiven der Region geht.
Die sind grundsätzlich gut. Die Struktur der Region Aachen, die den Niedergang von Zechen, Nadel- und Tuchindustrie überlebte, bietet dabei viele Vorteile. Es gibt keine Fabriken mit zigtausend Mitarbeitern, die bei einer Schließung wie im Fall des Bochumer Opel-Werkes eine klaffende Lücke hinterlassen.
In der Region Aachen, Düren und Heinsberg gibt es viel Mittelstand, „wir haben keine Monostrukturen“, sagt der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Aachen, Michael F. Bayer. Mit den Hochschulen im Rücken geht Bayer davon aus, dass die Region – mit aktuell 68 425 Unternehmen – in 15 Jahren noch besser dasteht, als ohnehin; so wie insgesamt die Voraussagen für Nordrhein-Westfalen gut sind, wie eine Prognos-Studie zum Wirtschaftsstandort aussagt.
Die größte Baustelle ist für Bayer neben der Infrastruktur und der Fachkräftefrage die Energiewirtschaft mit dem noch bestimmenden Faktor Braunkohle. „Da haben wir den Strukturwandel noch vor uns, der mit einer viel größeren Dynamik kommt, als wir es vor fünf Jahren noch erwarten konnten“, sagt er. Will heißen: Der Tagebau verliert langsam aber sicher an Bedeutung, ohne auf einen Schlag zu verschwinden.
Es ist kaum vorherzusagen, wie viele der rund 20.000 Arbeitsplätze 2030 noch von der Braunkohle abhängen, auch wenn an anderer Stelle, an der TU Bergakademie Freiberg, im März alternative Nutzungen zur Verbrennung der Braunkohle diskutiert werden.
Die vorhandene Braunkohle könnte demnach in Zukunft statt in Kraftwerken verfeuert in der Chemieindustrie und Metallurgie genutzt werden. „Wenn wir einen Teil der Kohle ‚aus dem Feuer holen‘, ist das umweltpolitisch sinnvoll“, sagt SPD-Landtagsabgeordneter Guido van den Berg aus Grevenbroich.
Bayer nimmt die ganze Region in die Pflicht, frühzeitig alternative Arbeitsplätze für die zu schaffen, deren Job noch an der Braunkohle hängt. Dies sei keineswegs ein Problem, das nur die direkten Anrainer in Eschweiler, Düren oder Heinsberg betroffen. „Das ist eine regionale Aufgabe, auch wenn das Thema für die Stadt Aachen zunächst kein Problem ist“, sagt Bayer. „Wir dürfen da nicht erst eine Notlage abwarten, sondern wir müssen vorausschauend agieren.“