
Als der das Gutachten für den Strukturwandel im Rheinischen Revier bei der Landtagsverwaltung anregte, konnte Guido van den Berg nicht ahnen, welche Aktualität das Thema bekommen würde. Der SPD-Landtagsabgeordnete hatte vor den Sommerferien im letzten Jahr vorgeschlagen, einmal wissenschaftlich der Frage nachzugehen, wie sich die Braunkohlenregion wandeln muss, um gut gerüstet für das Auslaufen der Tagebaue zur Mitte des Jahrhunderts zu sein.
Durch die jüngste Regierungserklärung von Hannelore Kraft hat das Thema jetzt eine besondere Aufmerksamkeit. Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin hatte in ihrer Regierungserklärung zur Zukunft des Tagebaus Garzweiler II auch ein verstärktes Enga-gement des Landes für die neu gegründete GmbH der Innovations-region Rheinisches Revier angekündigt: „Auch das Land – und ich sage das mit aller Deutlichkeit – wird die Region nicht im Stich las-sen, und es ist in den Gremien der GmbH hochrangig vertreten. Wir werden unseren Beitrag leisten. Darauf kann sich die Region verlassen.“
Guido van den Berg freut sich: „Jetzt haben wir mit der erarbeiteten Strategie eine Arbeitshilfe für unsere Arbeit erhalten.“ In seinem Gutachten: „Präventiver Strukturwandel – Strukturpolitische Möglichkeiten für die Innovationsregion Rheinisches Revier“ stellte Dr. Stefan Gärtner heraus, dass es bislang keine Beispiele für einen präventiven Strukturwandel in einer ganzen Region gibt. Er wies darauf hin, dass bis ca. 2045 es noch Tagebaue im Reviergeben werde, bis dahin müsse aufbauend auf die jetzigen Stärken neue Entwicklungen eingeleitet werden. Es gehe darum, in beispielhafter Weise die Energiewende und unsere Industrie zusammenzubringen. Die Region könne nicht nur wegen der Kompetenz in der Energieerzeugung sondern auch wegen der hohen Präsenz von energieintensiver Industrie hier Kompetenzen weiter entwickeln. Ein regionaler Modellmarkt für Energie- und Speichertechnologie als regionales virtuelles Kraftwerk sei möglich. Das Gutachten regt an, dass sich die Region mit diesem Thema in die „Klimaexpo 2022“ des Landes NRW – eine jetzt schon geplante dezentrale Weltausstellung – einbringt.
Dr. Gärtner erläuterte, dass man aber auch die Rekultivierung nicht länger als reine Reparatur zu betrachten sondern gestaltendes Ele-ment des strukturellen Wandels: „Im Zuge eines perspektivischen Strukturwandels sollte der Prozess der Landschaftsgestaltung als Strukturwandel verstanden werden“ Er schlug vor einen Titel zu entwickeln, der die industrielle Kompetenz und die Flächengestaltung verbindet: So könne sich das Braunkohlenrevier zu „Energiegärten“ weiter entwickeln.
Die Sicherung von ausreichenden Flächen für Gewerbe und Industrie muss ebenfalls schon jetzt erfolgen, für Unternehmenserweiterungen und Neuansiedlungen. Die Nachteile aus den Umsiedlungen müssen ausgeglichen werden. Das bedarf einer regionalen Flächennutzungsstrategie, auf die sich unsere Städte und Gemeinden in der IRR verständigen müssen.
Guido van den Berg erklärte: „Klimaneuteles Bauen ist ebenfalls ein Zukunftsthema für unsere Region. Nirgendwo sonst entstehen ganze Siedlungen neu. Die verkehrliche Infrastruktur muss Lücken schließen und auf neuen Stand gesetzt werden, sowie die Mobilitätsverbindungen zu neuen Gewerbestandorten ertüchtigt werden. Dazu gehört auch ein attraktives S-Bahn Netz, das die RB 38 einbezieht.“
Das Gutachten arbeitet auch heraus, dass Agrobusiness ein großes Potential zur Nutzung von Kraftwerksabwärme und Sümpfungswasser von bis zu 30°C bietet. Gewächshäuser und Feldflächen können davon profitieren. Beispiele in aller Welt zeigen welch große Chancen darin liegen. „Wenn wir parteiübergreifend in der Region zusammenarbeiten dann haben wir gute Chancen“ so das Fazit des Landtagsabgeordneten. Guido van den Berg will das Gutachten in die Arbeit der IRR einbringen.
Lesen Sie hier den Bericht: "Mit Energiegärten in die Zukunft. Gutachten zum Strukturwandel in der Region – Pumpspeicherkraftwerke" von Norbert Kurth im Kölner Stadt Anzeiger vom 23.04.2014:
"Im Zentrum der Wirtschaft im Rheinischen Revier steht – immer noch – die Braunkohle. Um diese Erkenntnis zu gewinnen, hätte der SPD-Landtagsabgeordnete Guido van den Berg keine wissenschaftliche Expertise gebraucht. am Anfang war die Kohle, der Kohle folgten die Kraftwerke, den Kraftwerken stromintensive Betriebe, nicht nur – aber hauptsächlich aus der Chemie. Die Folge: Arbeitsplätze und Wohlstand für Jahrzehnte. Genau das gilt es jetzt zu bewahren und weiter zu entwickeln. Denn spätestens 2045 wird die Stromerzeugung aus Braunkohle ihr Ende finden. Die Kühltürme der Kraftwerke dampfen dann nicht mehr. Was kommt dann? Und wie kann der ganz offenkundig notwendige Strukturwandel bis dahin bewerkstelligt sein?
Diese Frage beschäftigt diePolitik in der Region und speziell im Rhein-Erft-Kreis seit geraumer Zeit. Und zwar unabhängig von deiner entflammten Diskussion, um die Verkleinerung des Tagebau Garzweiler. Um eine Arbeitsplattform für den Wandel zu schaffen, rief die Landesregierung vor zwei Jahren die "Innovationsregion Rheinisches Revier" (IRR) ins Leben. Damit kamen zwar Kommunen, Kreis, die Industrie- und Handelskammern und andere Akteure aus der Region an einen Tisch. Aber bislang ist außer Spesen kaum etwas gewesen.
"Die Entwicklung von von Leitbildern und Handlungskonzepten sowie die Förderung und Durchführung von Projekten", so die Aufgabenbeschreibung, lässt bislang, bis auf wenige Ausnahmen, auf sich warten. Für van den Berg und andere SPD-Landtagsabgeordnete aber drängt die Zeit. Jetzt müsse die Region gestaltet und buchstäblich neu geordnet werden. Jetzt müssten die Weichen gestellt werden, die großen Überschriften und vor allem Projekte angeleiert werden.
Über den Landtag beauftragten die Abgeordneten daher das Institut für Arbeit und Technik (IAT) an der Fachhochschule Gelsenkirchen mit der Untersuchung der Möglichkeiten. Vorige Woche legte Dr. Stefan Gärtner und seine Mitarbeiter das Ergebnis vor. Und das, so meinen die SPD-Abgeordneten könnte den Weg weisen. Allerdings stellte der Wissenschaftler zunächst nüchtern fest, dass es für einen vorsorglichen und planvollen Strukturwandel keinerlei Beispiel gibt.
Gärtner schlägt vor, auf den sofortigen Ausstieg aus der Braunkohle zu verzichten und den Wandel von der Braunkohle zu sogenannten Energiegärten in den Mittelpunkt des Prozesses zu stellen. Unter der Überschrift Energiegärten sind Themen wie klimaneutrales Wohnen, Innovationen aus und mit der Braunkohle zu verstehen; Logistik und Infrastruktur, also die Ansiedlung von Betrieben, Agrobusiness, dazu zählt Wärmeversorgung von Treibhäusern mit Abwärme aus Kraftwerken oder Tagebauen, Freizeit und Tourismus sowie Projekte für Senioren und Gesundheit.Gärtner fordert auf, die Rekultivierung sowie die gesamte Fläche der ausgekochten Tagebauflächen aktiv der Gestaltung und somit dem Strukturwandel zuzuführen. etwa durch den Bau von Pumpspeicherkraftwerken.
"Energiegärten umfassen dabei sowohl die historisch gewachsene Identifikation mit der Braunkohle als Energieträger, eröffnen aber zugleich den Weg für die Entwicklung und Nutzung regenerativer Energien in der Region", heißt es dazu im Gutachten. dazu wünscht sich der Wissenschaftler regionale Marktmodelle, womit eine engere Verzahnung der stromintensiven Betriebe mit der Energieerzeugung gemeint ist.
Dabei könnte etwa eine Aluminiumschmelze Sonne und Wind vorrangig nutzen und bei Flaute die Produktion herunterfahren. Dies steht laut Gutachten im Einklang mit dem Ausbau erneuerbarer Energien und den auslaufenden Braunkohlekraftwerken. "So könnte RWE beispielsweise demonstrieren, wie ihre neuen hocheffizienten Braunkohlekraftwerke flexibel an die schwankende Einspeisung der regenerativen Energien angepasst werden könnten", heißt es weiter.
Ein Schwerpunkt des Gutachtens bildet die Gestaltung der Flächen ausgekühlter Tagebaue. Dort Wohnraum, Flächen für Natur und Erholung, aber auch für Industrie und Gewerbe in absehbarer Zeit schon zu planen birgt ungeheure Chancen. "Die Zeiten, in denen auf rekultiviertem Gelände ein Wetterschutzhäuschen und eine Bank aufgestellt wurden, sind vorbei", sagt van den Berg.
Neben dem Wirtschaftsprojekt Terra Nova sei der Bereich Freizeit, Tourismus und Landschaftsplanung, dazu gehören das Indeland-Projekt bei Weisweiler und die Sophienhöhe, ein wichtiges Kapitel. Dazu muss es laut Gutachten Leuchtturmprojekte geben – "angefangen von Megagebäuden über Skianlagen bis hin zu ganzen Inseln".
Nur so lasse sich, wie etwa beim Eden Project in Cornwall, ein eigenständiges Image mit Wirkung nach innen und außen herausbilden. Das Eden Project, das in einer ehemaligen Koalingrube entstanden ist, sei ein "spektakuläres Beispiel für die Nutzung g eines ehemaligen Rohstoffstandortes". Für ein solches Projekt sei es sinnvoll, an die Gegebenheiten der Braunkohlenlandschaft anzuknüpfen."
Lesen Sie hier die Meldung Studie: Strukturwandel im Revier von Radio Erft vom 12.04.2014:
"Das rheinische Braunkohlerevier bekommt wissenschaftliche Hilfe in Bezug auf den Strukturwandel für die Zeit nach dem Ende der Braunkohle. Der SPD-Landtagsabgeordnete Guido van den Berg aus Bedburg hat jetzt die von ihm beauftragte Studie vorgestellt.
Die Wissenschaftler haben sich in der Studie unter anderem dafür ausgesprochen, das vorhandene technische Know how auch nach dem Ende der Braunkohle weiter zu nutzen. Denkbar wäre zum Beispiel, das rheinische Revier zum Modellmarkt für Energie- und Speichertechnologien zu machen. Außerdem könnte laut Studie hier das klima-neutrale Bauen weiter vorangetrieben werden.
Finanzielle Unterstützung für die Maßnahmen könnten vom Land kommen. Denn Ministerpräsidentin Kraft hatte nach der beschlossenen Verkleinerung des Tagebaus Garzweiler II versprochen, dass sich das Land in der Innovationsregion Rheinisches Revier (IRR) stärker engagieren will. Zu den Mitgliedern des IRR gehört unter anderem der Rhein-Erft-Kreis."
Lesen Sie hier den Bericht: "Revier fit für die Zukunft machen – Rainer Thiel und andere SPD-Abgeordnete stellen Stukturwandel-Studie vor." in der Neuss-Grevenbroicher-Zeitung vom 11.04.2014:
""Die Diskussion um die Verkleinerung des Tagebaus Garzweiler II hat wieder ins Bewusstsein gebracht: Der Braunkohle Tagebau ist endlich. Das Revier wird eines Tages ohne die Kohle auskommen müssen. Dafür müsse schon jetzt gehandelt werden", erklärt Rainer Thiel MdL. Er und vier andere SPD-Abgrordnete aus dem Revier stellten gestern in Düsseldorf dazu eine Studie vor: "Strukturpolitische Möglichkeiten für die lnnovationsregion Rheinisches Revier" lautet der Titel des Gutachtens, das Guido van den Berg MdL aus dem Rhein-Erft- Kreis in Auftrag gegeben hat und die Dr. Stefan Gärtner vorn Institut fiir Arbeit und Techhnik erstellt hat Van den Berg und Thiel gehören zu den sechs SPD-Abgoordneten, die in ihrer Fraktion jetzt gegen die Verkleinerung des Tagebaus getimmt hatten. Doch die Arbeit an der Studie lag in der Zeit vor dieser Diskussion. "Wir wissen heute. dass es keine neuen Tagebaue im Revier geben wird. Wir müssen uns jetzt darauf vorbereiten" sagt Thiel. Die Studie zeigt dazu Möglichkeiten auf. Für einen solchen präventiven Strukturwandel in einer ganzen Region gibtes bislang kein Beispiel." Es geht darum, die Energiewende und unsere Industrie zusammenzubringen. Wir können beitragen, die Konflikte zwischen Natur und Klimaschutz und Stromindustrie in der Region auszusöhnen für eine gemeinsanle regionale Zukunftsstrategie. Ein Beispiel: Die Kraftwerke würden Versorgungssicherheit bieten und könnten heute nexibel auf die sich änderende Nachfrage reagieren.
Und energieintensive Industrien – etwa die Aluminiumindustrie – könnten künftig mit ihrer Produktion flexibel reagieren, um Schwankungen bei der Wind- und Sonnenenergie auszugleichen. Das trägt zur Netzstabilität bei. Ein intelligntes Zusammenspiel in Form eines solchen virtuellen Speicher eröffne neue Wertschöpfung für die Region. Ein anderes Zukunftsfeld: Die Nutzung von Kraftwerksabwärme für Gewächshäuser – wie in Neurath bereits praktiziert. Weitere Aufgabenfelder: Neben dem Tagebau könnten Naturschutz und Erholungsraum neu entstehen. Das macht unseren Raum für Bewohner und Touristen attraktiver.Ein Zukunftstherna sei laut Studie auch die Logistik. Dafür brauchen wir weitere geeigneten Flächen wie das gemeinsame Gewerbegebiet von Grevenbroich und Jüchen." Und in der Verkehrsinfrastruktur müssten Lücken geschlossen werde. Thiel wiederholte seine Forderung nach einem attraktiven S-Bahn-Netz unter Einbeziehung der RB 38. Die Beispiele aus der Studie sollten in ein Handlungskonzept einfließen, das mit Strukturfördermitteln vom Land unterstützt werden könne. Wenn wir parteiübergreifend in der Region zusammenarbeiten. haben wir gute Chancen·, so das Fazit der Landtagsabgeordneten."