"Die klaren Bekenntnisse der Landesregierung zur Weiterführung des Tagesbaus Garzweiler II und des jetzt anstehenden Umsiedlungsabschnitts sind zu begrüßen. Ebenfalls ist zu begrüßen, dass die Landesregierung den vierten Abbauabschnitt als notwendig betrachtet.
Kritisch hingegen sind Ankündigungen zu sehen, bereits zum jetzigen Zeitpunkt im vierten Abschnitt den möglichen Verzicht von Teilen von Holzweiler in Aussicht zu stellen. Das widerspricht der geübten Praxis, die Notwendigkeit von Umsiedlungen dann zu prüfen, wenn sie anstehen. Zudem kann diese Ankündigung so missverstanden werden, dass das Land Nordrhein-Westfalen sich vorzeitig aus einem ganzen Industriezweig verabschieden wolle.
Wie im Koalitionsvertrag 2012 beschrieben, muss die Braunkohle in der Energiewende eine neue Rolle einnehmen, als Reserve für die Erneuerbaren fungieren und Reduktionsbeiträge beim Kohleeinsatz und bei CO2 Emissionen leisten. Diese Position ist als „Aktionsplan Rheinisches Revier“ formuliert und wird von uns unterstützt. Ein Land das etwa 50 Prozent seines Stromes zu Industrieproduktion benötigt, ist zudem in der Verantwortung eine stabile, sichere und konkurrenzfähige Energieversorgung als Ziel zu haben. Für den Industriestandort Nordrhein-Westfalen darf kein Signal gesendet werden, dass fälschlich als vorzeitiger Ausstieg aus der Braunkohlenindustrie gedeutet werden könnte. Wir kritisieren daher diesen Teil der Ankündigung und haben uns klar in der SPD-Fraktion dagegen ausgesprochen und auch dagegen votiert.
Wir fordern unsererseits, dass das Land stärker seiner Verantwortung für den Strukturwandel im Rheinischen Revier gerecht werden müsse. Es ist notwendig, dass die Unterstützung des Landes bei der Innovationsregion Rheinisches Revier in konkreter Projektunterstützung sichtbarer wird. Dazu bedarf es einer vorrangigen Förderung. Alle beteiligten Landesressorts müssten in die Pflicht genommen werden, konkrete Beiträge zur Unterstützung der IRR-Arbeit zu liefern. Zudem muss die Region auch Bestandteil des Dekaden-Projektes Klimaschutz-Expo werden, um seine Stärken weiter zu entwickeln."
Lesen Sie hier den Artikel: "NRW-SPD uneins über Garzweiler II" in der Rheinischen Post vom 31.03.2014 von Detlev Hüwel:
"Der Beschluss der rot-grünen Landesregierung, das Braunkohle-Abbaugebiet deutlich zu verkleinern, stößt in der Landtagsfraktion auf Widerspruch. Die Kritiker halten die Absage an die vierte Umsiedlungsstufe für voreilig.
Rainer Thiel passt die Richtung nicht. Der SPD-Landtagsabgeordnete, in dessen Wahlkreis Neuss II der Braunkohletagbau Garzweiler II eine große Rolle spielt, macht auf seiner Homepage im Internet keinen Hehl aus seinem Unmut über den am Freitag überraschend verkündeten Beschluss der Landesregierung, Garzweiler II zu verkleinern.
Wie berichtet, gibt Rot-Grün zwar grünes Licht für die jetzt anstehende dritte Umsiedlungsstufe, von der fünf Ortschaften – Berverath, Keyenberg, Kuckum sowie Ober- und Unterwestrich – mit 1620 Einwohnern betroffen sind. Zugleich aber verkündete Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) vor der Presse, dass das Abbaugebiet Garzweiler II deutlich verkleinert werden solle. Dadurch erübrige sich die vierte Umsiedlungsstufe. Das bedeutet: Die etwa 1400 Einwohner von Holzweiler können aufatmen; ihre Häuser sollen entgegen der bisherigen Planung nicht den Baggern weichen müssen.
Doch genau diese Festlegung stört den SPD-Politiker Thiel. Das Vorgehen der Regierung sei verfrüht und widerspreche "der geübten Praxis, die Notwendigkeit von Umsiedlungen dann zu prüfen, wenn sie anstehen", schreibt er auf seiner Homepage. Hinzu komme, dass die Ankündigung von Rot-Grün so missverstanden werden könne, als ob sich NRW "vorzeitig aus einem ganzen Industriezweig verabschieden wolle".
So wie Thiel denken auch die SPD-Abgeordneten Dagmar Andres, Guido van den Berg und Brigitte Dmoch-Schweren (alle Rhein-Erft-Kreis) sowie Stefan Kämmerling (Aachen) und Peter Münstermann (Düren), die diese Erklärung mit unterzeichnet haben.
In der SPD-Landtagsfraktion, die am Freitagmittag außerplanmäßig zusammenkam, stimmten diese Politiker gegen den Kompromiss, den SPD und Grüne seit Wochen "im stillen Kämmerlein" ausgehandelt hatten. Der Verhandlungskommission "Vier plus" gehörten neben der Regierungschefin Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) sowie die Fraktionsvorsitzenden von SPD und Grünen, Norbert Römer und Reiner Priggen, an. Hinzu kam zeitweilig auch der Chef der Staatskanzlei, Franz-Josef Lersch-Mense (SPD). Das Gremium tagte streng vertraulich, so dass die Journalisten am Freitag überrascht wurden, als die Staatskanzlei urplötzlich für den Nachmittag eine Pressekonferenz zu Garzweiler ankündigte.
Laut Priggen haben SPD und Grüne anders als früher, als wegen Garzweiler das Ende der rot-grünen Koalition zum Greifen nahe schien, diesmal vernünftig miteinander reden und einen "guten Kompromiss" schließen können. Doch ganz so harmonisch sind die Verhandlungen hinter geschlossenen Türen wohl nicht verlaufen. Mehreren Berichten zufolge ist es vielmehr "hart zur Sache" gegangen. Die SPD habe sich zunächst ganz im Sinne des bergbautreibenden Unternehmens RWE und der IG BCE für die komplette Beibehaltung des Abbaugebiets stark gemacht. Dazu gehöre auch, die Frage der vierten Umsiedlungsstufe offenzulassen.
Dies, so heißt es, sei auf heftigen Widerspruch der Grünen gestoßen. Remmel und Priggen hätten darauf hingewiesen, dass nach der bisherigen Planung die Leute aus Holzweiler bereits 2015 eine Vorentscheidung treffen müssten, wohin sie umgesiedelt werden wollten. In einem nächsten Schritt wären dann ihre Häuser taxiert worden, bevor ihnen RWE ein finanzielles Angebot macht. Vor diesem zeitnahen Horizont setzten sich die Grünen massiv (und mit Erfolg) dafür ein, die vierte Umsiedlungsstufe jetzt einzubeziehen, um die Zitterpartie für Holzweiler zu beenden. Zum Schluss der Verhandlungen, so heißt es, sei es noch einmal "hoch hergegangen"; andere sprechen von einer emotional stark aufgeladenen Debatte.
Von alledem war nichts zu spüren, als Kraft mit Remmel und den beiden Fraktionsvorsitzenden vor die Presse trat. Sie machte aber deutlich, dass noch viele Fragen offen sind. So ist völlig unklar, wie die Bagger etwa im Jahr 2030 einen Bogen um Holzweiler machen und wie dann die Abbruchkante verläuft. Priggen freut sich derweil für die Minisiedlung Dackweiler südlich von Holzweiler, die auch überleben wird. Priggen kennt sich dort bestens aus: "Da wohnen drei Grüne.""