


Rund 200 Mitglieder der Rhein-Erft SPD versammelten sich am 30.11.2013 in der Aula des Geschwister-Scholl-Gymnasiums Pulheim zum ordentlichen Kreisparteitag. Auf der Tagesordnung standen die turnusgemäßen Wahlen zum Kreisvorstand – aber auch die Diskussion über die Lage der SPD nach der Wahl.
Sollen die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten 150 Jahre nach Gründung ihrer Partei zum dritten Mal den Gang in die Große Koalition mit der Union wagen oder nicht? Über diese Frage wurde auf dem Parteitag offen und ausführlich diskutiert. „Der Koalitionsvertrag trägt zu vierzig bis fünfzig Prozent unsere Handschrift – angesichts eines Wahlergebnisses von fünfundzwanzig Prozent ist das ein Erfolg, weswegen ich zustimmen werde“ warb der SPD-Kreisvorsitzende und Landtagsabgeordnete Guido van den Berg für die Annahme des Koalitionsvertrages. Anderen Rednern ging der Koalitionsvertrag nicht zu weit, sie forderten Ergänzungen und Nachbesserungen. In einer konstruktiv und fair geführten Debatte waren sich aber alle Genossinnen und Genossen einig, dass das jetzt startende Mitgliedervotum der SPD der richtige Weg ist.
Guido van den Berg MdL wurde mit 86,2% zum sechsten Mal im Amt des SPD-Kreisvorsitzenden bestätigt. Der Kreisparteitag beschloss, dass er künftig drei Stellvertreter haben wird: Dagmar Andres MdL erhielt bei ihrer Wahl zur stellvertretenden Kreisvorsitzenden 80,2%, Brigitte Dmoch-Schweren erhielt 84%, Dierk Timm erreichte 87,2%. Schriftführerin Ute Meiers (86,4%) und Schatzmeister Bernhard Hadel (97%) wurden ebenfalls wieder in ihre Ämter gewählt. Dem neuen Kreisvorstand gehören darüber hinaus künftig an: Peter Auf der Landwehr, Jens Baars, Leon Berg, Panagiota Boventer, Helge Herrwegen, Martin Krupp, Claudia Lemke, Susanne Loosen, Ulrich Lussem, Petra Peheye, Stephan Renner, Horst Schneider, Annette Seurer, Sascha Solbach und Lara Worbs.
Mit Blumen verabschiedete der Parteitag die bisherige stellvertretende Vorsitzende und frühere Bundestagsabgeordnete Gabi Frechen, die sich aus dem Kreisvorstand nach langjähriger Mitgliedschaft zurückziehen wollte.
Lesen Sie hier den Bericht "Basis schwankt zwischen Ja und Nein – SPD diskutiert in Pulheim kontrovers über den Koalitionsvertrag – Viel Beifall für Herpels Kritik" von Norbert Kurth im Kölner-Stadt-Anzeiger 02.12.2013:
"Dass die als Koalitionsvertrag bezeichnete Arbeitsgrundlage für die nächste Bundesregierung vielen in der SPD nicht schmeckt, ist keine Überraschung. Und so werden beim Parteitag am Samstag Vorstandswahlen, Satzungsänderung und die üblichen Formalien zu absoluten Nebenschauplätzen. Das bevorstehende Mitgliedervotum ist das alles beherrschende Thema im Pulheimer Geschwister-Scholl-Gymnasium. Mehr als 200 Parteimitglieder hören Befürworter wie Gegner und wählten Guido van den Berg fast beiläufig zum fünften Mal zu ihrem Vorsitzenden.
Nachdem die frühere Bundestagsabgeordnete Gabriele Frechen ihren Abschied aus dem Vorstand bekanntgegeben hat, versucht sie den Parteitag behutsam auf die Debatte einzustimmen. „Ich habe Angst, dass die Menschen uns nicht mehr folgen können, wenn wir mit Politikern in die Kiste hüpfen, die beim Wort Mindestlohn Ausschlag bekommen“, sagt sie. Jeder müsse aber nun für sich entscheiden, ob im Koalitionsvertrag genug SPD sei. Frechen sprach aber auch von der Verantwortung, die jetzt bei den Mitgliedern liege. Mit Blick auf die nächsten Wahlen, allen voran die Bürgermeisterwahl in Brühl, „brauchen die Kandidaten eine geschlossen Partei“.
Werben für Zustimmung
Andere halten weniger mit ihrer Abneigung hinter dem Berg. Der früherer Kerpener Stadtrat Horst Rose hat die Parteiführung in Berlin schon schriftlich wissen lassen, dass er nicht zustimmen wird. Statt Ministerposten und Aufsichtsratssitze anzustreben und Mehrheitsbeschaffer für die CDU zu sein, möge die Partei sich besinnen. „Lasst uns in die Opposition gehen, so wie viele Wähler das wollen und der CDU/CSU die Hölle heiß machen“, schreibt Rose. So wie Rose sehen es nicht wenige, aber auch die Zahl der Befürworter ist nicht gering. Die Brühler Bundestagsabgeordnete Helga Kühn-Mengel zählt zu ihnen.
Guido van den Berg macht bereits in seiner Grundsatzrede deutlich, dass er in den vergangenen Tagen viel Kritik gehört und großes Verständnis dafür hat. Er wirbt aber dennoch für Zustimmung. Und dass, obwohl auch er vieles nicht verstanden habe und so manches ablehne, die Pkw-Maut und das Betreuungsgeld etwa. Aber es gebe schließlich den gesetzlichen Mindestlohn ab 2015 oder die abschlagsfreie Rente nach 45 Beitragsjahren mit 63. Van den Berg glaubt, dass im Vertrag in vielen Kapiteln 40, oft auch 60 Prozent „SPD erkennbar ist. Und das bei einem Wahlergebnis von 25 Prozent“. Es gelte jetzt abzuwägen, so van den Berg. „Und dazu gehört auch gegenüber den Leiharbeitern, Minirentner, und Menschen im Niedriglohnbereich zu begründen, warum man die jetzt verhandelten Verbesserungen nicht ermöglichen will.“
Drei statt zwei Stellvertreter
Wie sehr auch die Rhein-Erft-SPD vom Für und Wider jedenfalls in dieser Frage gespalten ist, zeigen die Auffassungen der beiden befreundeten SPD-Kandidaten für das Amt des Landrats, Florian Herpel, und für den Bundestag, Dierk Timm. Unter dem Strich habe er im Vertrag mehr SPD gefunden, als er je gedacht hätte. „Was am Vertrag gut ist, haben wir der Sozialdemokratie zu verdanken“, erklärt Timm sein Ja zum Vertrag. Florian Herpel, der Pulheimer Beigeordnete, kritisiert, viele wichtige Dinge blieben im Ungefähren.
Dann geht er hart mit dem Berliner Personal ins Gericht geht. Statt das miserable Ergebnis der Bundestagswahl aufzuarbeiten, hätten sich die Verantwortlichen in Koalitionsverhandlungen geflüchtet. Die SPD hätte die Oppositionsrolle annehmen sollen und wäre durch die Mehrheit im Bundesrat dabei gestärkt worden. Herpel erhält, nachdem er erklärt, er werde mit Nein stimmen, großen, lange anhaltenden Beifall. SPD-Schatzmeister Bernhard Hadel glaubt nach stundenlanger Diskussion dennoch, dass eine knappe Mehrheit in der SPD dem Papier seinen Segen geben wird.
Das Ergebnis der Vorstandswahlen wird fast schon beiläufig zur Kenntnis genommen. Van den Berg wird mit 86,2 Prozent im Amt bestätigt. Stellvertreter Dierk Timm schafft sogar 87,2 Prozent. Nach einer geräuschlosen Satzungsänderung hat van den Berg jetzt drei statt zwei Stellvertreter: Die beiden Landtagsabgeordneten Dagmar Andres (80,2 Prozent) und Brigitte Dmoch-Schweren (84 Prozent). Schriftführerin Ute Meiers wurde mit 86,4 Prozent im Amt bestätigt. Bernhard Hadel fährt traditionell mit 97 Prozent der Stimmen das beste Ergebnis ein.
Stimmen zum Koalitionsvertrag
Die Mitglieder der SPD diskutierten am Samstag in Pulheim leidenschaftlich über den Koalitionsvertrag. Bis zum 12. Dezember können sie per Briefwahl für oder gegen die Abmachungen mit CDU/CSU stimmen. Am Wochenende 14./15. Dezember steht das Ergebnis fest. Bei einer Beteiligung von 20 Prozent muss sich der Vorstand in Berlin dem Votum beugen
Guido van den Berg, Bedburg, findet, es lohne sich, Mindestlohn und Einschränkung der Leiharbeit, Betreuungsgeld und Maut in Kauf zu nehmen und plädiert für die Zustimmung zum Koalitionsvertrag. Die Einführung einer Pkw-Maut sei mehr als fraglich „und das Betreuungsgeld ist ohnehin ein Flop.“
Torsten Rekewitz, Pulheim, hält überhaupt nichts von dem Vertrag und wirbt für dessen Ablehnung. Der Mindestlohn ist ihm nicht konkret genug geregelt, die Zwei-Klassen-Gesellschaft in der Medizin bleibe bestehen: „Bei einem Nein hätten wir eine wichtige Sache zurückgewonnen: unsere Würde. Die SPD macht sich kleiner als sie ist. Ich lehne den Vertrag ab.“
Jürgen Storms, Frechen, fühlt sich durch das gesamte Verfahren unter Druck gesetzt und lehnt den Vertrag strikt ab. „Ich sage nein und finde das Vorgehen eine Unverschämtheit. Wir haben Steuererhöhungen gefordert und nehmen das Geld für Wohltaten aus der Rentenkasse. Jetzt ist das Maß voll.“"
Lesen Sie hier den Kommentar: "Die wichtigen Fragen im Blick" von Norbert Kurth im Kölner Stadt Anzeiger vom 02.12.2013:
"Das ist schon eine besondere Situation. Und die Mitglieder der SPD Rhein-Erft sind sich dessen durchaus bewusst. Wer aber jetzt behauptet, die Sozialdemokraten seien in dieser Frage zerstritten, der irrt. Die Partei streitet zwar über den richtigen Weg, aber das gehört wahrlich zur Demokratie. Und die SPD-Mitglieder sind darüber hinaus in der Lage, die große Koalition von anderen, für die Rhein-Erft-Partei wichtigen Fragen, zu trennen. Das zeigt auch das Wahlergebnis von Guido van den Berg. Er bekam mit 86,2 Prozent eines seiner besseren Ergebnisse. Es liegt auf der Hand, dass ihn auch Genossen gewählt haben, die nicht mit ihm für eine große Koalition stimmen werden.
Und noch etwas ist an diesem Parteitag bemerkenswert. Gabriele Frechen, die sich am Samstag aus der Vorstandsarbeit zurückgezogen hat, erinnert sich an den Beginn er Zusammenarbeit mit Guido van den Berg. Es habe damit begonnen, dass sie ihn erst einmal nicht gewählt habe. Sie habe damals nicht recht geglaubt, dass die Zusammenarbeit so gut verlaufen würde. Die Geschichte scheint sich zu wiederholen. Als van den Berg Hans Krings zur Kommunalwahl 2009 präsentierte, geriet er mit Brigitte Dmoch-Schweren in einen schweren Konflikt, der in den Kampf um den Parteivorsitz mündete.
Der Amtsinhaber hielt sich nur mit knapper Mehrheit. Inzwischen sind beide – nach gemeinsamem Wahlkampf – im Landtag und seit Samstag ist Dmoch die Stellvertreterin des Vorsitzenden. Den Weg in den Vorstand machte van den Berg selbst frei, indem er die Satzung ändern ließ. Er hat jetzt drei statt zwei Stellvertreter und konnte so auch Dagmar Andres, die Erftstädter Landtagsabgeordnete, in den Vorstand lotsen. Dass die beiden Frauen dadurch nicht gegeneinander kandidieren mussten, ist keine noble Geste, sondern vernünftig. Denn die SPD muss ihr Kräfte bündeln."
Lesen Sie hier den Bericht: "SPD im Findungsprozess – Neuer Vorstand mit achtbarem Resultat gewählt – Lebhafte Koalitionsdebatte" in der Kölnischen Rundschau vom 02.12.2013 von Manfred Funken:
"Die Wahlgänge geraten zur Nebensache: Die Partei will diskutieren am Samstag beim Parteitag in Pulheim. Der bevorstehende Mitgliederentscheid und das Ringen um die Neuausrichtung der Sozialdemokratie bringen ganz neue Rednertalente ans Licht.
Das erste Wort hat bei diesem Parteitag der SPD Rhein-Erft Gabriele Frechen, ehemalige Bundestagsabgeordnete und langjährige stellvertretende Vorsitzende der Kreispartei. Nach zwölf Jahren in der ersten Reihe will sie nicht antreten, sich aus der aktiven Politik zurückziehen. Sie dankt für „mehr als ein Jahrzehnt auf der Überholspur, das ich ohne euer Vertrauen nie hätte erleben dürfen“.
Einmal noch nutzt sie die Chance, Einfluss zu nehmen auf das Parteivolk: „Wir müssen entscheiden, ob genug SPD drin ist im Koalitionsvertrag“, eröffnet sie schon am Morgen bei ihrer Begrüßungsrede die Debatte, die sich bis in den späten Nachmittag hinziehen wird. Frechen hat sich entschieden, dem Vertrag zuzustimmen. Auch wenn ihr nicht alles gefalle, auch wenn die Versuchung groß sei, einmal nur auf die SPD als solche zu schauen, so wisse sie doch, „dass, wenn wir nein sagen, nichts von dem, was uns am Herzen liegt, in den nächsten vier Jahren angefasst wird“.
Der Dürener Bundestagsabgeordnete Dietmar Nietan ist als Gastredner eingeladen. Auch er streicht heraus, was möglich ist, wenn die SPD in Berlin mitregiert: doppelte Staatsangehörigkeit, Mindestlohn, abschlagsfreie Rente ab 63 bei 45 Beitragsjahren, Korrekturen bei der Energiewende. In diesem Zusammenhang appelliert Nietan an die rot-grüne Landesregierung, sie möge etwas konkreter handeln bezüglich der Innovationsregion Rheinisches Revier.
Kreisparteivorsitzender Guido van den Berg rechnet in seiner Rede ab mit der Jamaika-Koalition im Kreistag, die nur auf Machterhalt und Postenschacher gegründet sei. Zur eigenen Koalitionsfrage erinnert er daran, dass Demokratie immer aus Kompromissen bestehe. Er sei dafür, in Berlin mitzuregieren, weil die SPD, die bei der Bundestagswahl nur 25 Prozent der Stimmen geholt habe, im Koalitionsvertrag in vielen Passagen zu 40 und mehr Prozent wiederzufinden sei.
In den Redepausen wird gewählt: Van den Berg erhält 170 Stimmen von 201 wahlberechtigten Parteimitgliedern, 22 sind gegen ihn. Das entspricht einer Zustimmung von 86,2 Prozent. Stellvertreter Dierk Timm wird mit 87,7 Prozent im Amt bestätigt, die neuen Stellvertreterinnen Dagmar Andres (80,2) und Brigitte Dmoch-Schweren (84 Prozent), starten ebenfalls ordentlich. Das beste Ergebnis entfällt wie immer auf Kassierer Bernhard Hadel (97 Prozent). Ute Meiers erhält als Schriftführerin 86,4 Prozent.
Der Kreistagsfraktionsvorsitzende Hans Krings spricht pro Koalitionsvertrag, ebenso die Bundestagsabgeordnete Helga Kühn-Mengel. Sie bekommen artig Applaus.
Dann kommt der Mann mit den Playmobil-Figuren. „Schaut sie euch genau an“, ruft Torsten Rekewitz (Pulheim) in den Saal und hält ein blondes Wesen und einen Herrn im Piratenlook hoch. „Das ist CDU-Politikerin Erika Steinbach, und das ist Innenminister Hans-Peter Friedrich. Wollt ihr mit solchen Leuten zusammen Politik machen?“
Der Saal bebt. Zur Gleichstellung homosexueller Paare stehe im Koalitionsvertrag der abgewählten Regierung mehr als im zur Abstimmung stehenden. „Ist das meine Partei?“ Zweiklassenmedizin, Vorratsdatenspeicherung, Betreuungsgeld. „Wenn wir hier zustimmen, macht die SPD sich kleiner, als sie ist. Sie verliert an Würde.“ Der Beifall hallt noch nach, als Rekewitz längst wieder seinen Platz im Saal erreicht hat.
Dierk Timm versucht die Anwesenden auf Pro-Kurs zurückzuholen. Kreistagsmitglied Helmut Latak verweist auf die verankerte Rentenregelung. „Ich danke allen, die diesen Vertrag ausgehandelt haben. Menschen mit 63 Jahren freuen sich. Ich sage ja!“
„Nein“, sagt der gescheiterte Landratskandidat Florian Herpel, und die Parteifreunde horchen wieder auf. Er habe das Wort „Kinderarmut“ auf 185 Seiten vergebens gesucht, sagt er und mutmaßt: „Vielen unserer Mandatsträger geht es nicht darum, was sie im Spiegel sehen, sondern darum, wo der Spiegel hängt: in Berlin nah am Reichstag.“"
Lesen Sie hier das Interview: "Jeder trägt dieselbe Verantwortung wie Gabriel" von Manfred Funken mit Guido van den Berg in der Kölnischen Rundschau vom 02.12.2013:
"Glückwunsch zur Wiederwahl, Herr van den Berg. Sind Sie mit dem Ergebnis zufrieden?
Vielen Dank. Ich freue ich, dass ich erneut das Vertrauen meiner Parteifreunde gewinnen konnte. Dass man in schwierigen Zeiten, in denen man eine Richtung vorgeben muss, ein paar Pünktchen liegen lässt, ist ganz normal. Das Ergebnis ist gut.
Es ging etwas schmucklos zu bei Ihrer Wiederwahl. Nicht mal der übliche Blumenstrauß wurde Ihnen zuteil …
Mir genügt die Zuneigung der Genossinnen und Genossen.
Wie bewerten Sie den Verlauf des Parteitags?
Es ist eine weitgehend sachliche Diskussion. Die Partei ringt um die richtige Entscheidung, da spielen auch Emotionen mit. Aber ich bin stolz darauf, wie fair unsere Mitglieder trotz leidenschaftlicher Diskussion miteinander umgehen.
Wenn man die Beiträge der Mandatsträger und Funktionäre in Sachen große Koalition hört, hat man den Eindruck, sie sind von der Parteispitze gebrieft …
Also ich habe mir meine Meinung selbst gebildet und habe durchaus auch Kritik an dem vorgelegten Papier anzumelden. Ich bin aber zu dem Ergebnis gekommen, dass ich dem Koalitionsvertrag zustimmen werde, weil eine Menge an sozialdemokratischen Positionen darin wiederzufinden ist.
Was passiert wenn die Basis anders entscheidet?
Nun, dann wird es Verhandlungen zwischen CDU, CSU und Grünen geben. Und die könnten dann wohl den jetzigen Vertrag als Muster nutzen. Nur wenn das auch scheitert, stünden wohl Neuwahlen an.
Ist bei einem Scheitern von Schwarz-Rot und Schwarz-Grün nicht doch Rot-Rot-Grün eine Option?
In dieser Legislaturperiode auf keinen Fall! Wir haben mit Andrea Ypsilanti in Hessen vor fünf Jahren bitter lernen müssen, dass der Wähler es bestraft, wenn man nach der Wahl anders handelt als vorher versprochen. Sicher ist aber auch, dass wir für künftige Wahlen ein Bündnis mit den Linken nicht mehr ausschließen werden.
Geben Sie einen Tipp ab, wie der Mitgliederentscheid ausgeht?
Ich wünsche mir, dass jedem Genossen bewusst ist, dass er mit seiner Stimme genauso viel Verantwortung trägt wie der Parteivorsitzende Sigmar Gabriel. Jeder sollte sorgfältig abwägen, welche Chancen in einer Regierungsbeteiligung liegen."
Lesen Sie hier den Kommentar: "Identität" aus der Kölnischen Rundschau vom 02.12.2013:
"Eine bewegte, eine wiederbelebte Partei, die offen und ehrlich und mit viel Herzblut um ihre Identität ringt – so hat sich die SPD Rhein-Erft am Samstag bei ihrem Kreisparteitag in Pulheim präsentiert. Guido van den Berg wurde mit einem guten Ergebnis wiedergewählt. Auch die Stellvertreter erzielten gute Resultate. Niemand musste als Sündenbock für die verlorene Landrats- und Bundestagswahl herhalten.
Die Diskussion über das Für und Wider einer großen Koalition machte allerdings deutlich, dass der Findungsprozess ein schmerzlicher werden kann. Gefühlt ist die Zahl der Gegner eines Bündnisses mit CDU und CSU größer als die der Befürworter unter den Genossen.
Hinzu kommt, dass die Plädoyers für Zustimmung, überwiegend von Mandatsträgern und Funktionären vorgetragen, ein wenig einstudiert und auf Parteiführungslinie getrimmt wirkten. Hinter wohlformulierten Argumenten kam häufig, nur mäßig verschleiert, die Forderung nach Parteiräson um die Ecke.
Die Gegner empfinden aber Disziplin nicht als Grundlage für den Erneuerungsprozess. Auch nicht, dass diejenigen, die Verantwortung für die Wahlniederlage tragen, nun in Ministerämter drängen und zurück zur Macht streben. Sozialdemokratische Politik fordern sie ein und eine innere Erneuerung der Partei.
Bei der Entscheidung für oder gegen eine große Koalition muss die Basis also letztlich die Frage beantworten, wie die Neupositionierung der Partei gelingt, in der Regierungsverantwortung an der Seite von CDU und CSU oder über die steinige Aufarbeitung einer nicht zu beschönigenden Niederlage. Nach echter Alternative klingt das irgendwie nicht."
Lesen Sie hier den Bericht: „Manchmal sogar 60 Prozent SPD erkennbar! – Kreisparteitag der SPD in Pulheim“ von Dr. Ernst Hoplitschek in pulheimnews.de am 01.12.2013:
"Das war kein gewöhnlicher Parteitag der Rhein-Erft-SPD, sondern einer, der unerwartet von der „großen Politik“ begleitet wurde. Warum? Alle SPD-Mitglieder können darüber abstimmen, ob sie der getroffenen Vereinbarung zwischen CDU/CSU und SPD in Berlin für eine Große Koalition zustimmen oder nicht. Einsendeschluss ist der 12.12.2013. In den späteren Redebeiträgen konnte man durchaus kontroverse Meinungen zu diesem Thema hören.
Viele Ratsmitglieder
Doch zunächst musste das Präsidium des Parteitages, bestehend aus Bernhard Hadel (Leitung), dem Ortsverbandsvorsitzenden und „Gastgeber“ aus Pulheim, Michael Stroschein, sowie Ute Meiers, die „ordentlichen“ Tagesordnungspunkte aufrufen, zu denen bestimmte Regularien wie Annahme der Geschäftsordnung etc. gehörten, aber auch Wahlen, darunter die Wahl der Kreisvorstandes. In den Begrüßungsworten wurden einige Genossen ganz besonders erwähnt: Die stellv. Landrätin Christa Schütz, der Landrat a. D. Lennartz, Gabi Frechen, Ex-MdB, die nach vielen Jahren ihre Arbeit im Vorstand niederlegt, die stellv. Bürgermeisterin Marlies Stroschein, Dietmar Nietan und Helga Kühn-Mengel, beide MdB. Unter den Gästen auch Florian Herpel, Beigeordneter der Stadt Pulheim sowie Dierk Timm, SPD-Fraktionsvorsitzender im Rat der Stadt Pulheim, sowie die SPD-Stadträtin Dr. Askim Müller-Bozkurt aus Kerpen; des Weiteren solche aus vielen Städten des Rhein-Erft-Kreises. Übrigens: Die Genossen von der SPD aus Pulheim, darunter viele Ratsmitglieder, hatten als „Gastgeber“ die Verpflegung des Parteitags übernommen. Es gab belegte Brötchen und leckere Erbsensuppe.
„Kein gutes Haar an der politischen Konkurrenz“
Wohin die Reise der Kreis-SPD geht, darüber referierten vor 201 stimmberechtigten Mitgliedern in der Aula des Geschwister Scholl Gymnasiums der amtierende Kreisvorsitzende Guido van den Berg und der Chef der Kreistagsfraktion, Hans Krings. Beide ließen kein gutes Haar an der politischen Konkurrenz.
„Wir stehen zur industriellen Wertschöpfung!“
Zu „Jamaika“, also die Koalition aus CDU, Bündnis90/DIE GRÜNEN und FDP, so van den Berg, gebe es einen „Dissens" in vielen Fragen: "Das gilt für den Braunkohletagebau, das gilt für die Kraftwerkswirtschaft und für die Entwicklung des Phantasialandes.“ Dabei stehe doch der Kreis vor einem „gewaltigen“ Strukturwandel. Die Energiewende und der Umstieg mit ihr sei die „größte technologische Herausforderung, vor der unsere Industrienation" stehe. Da die Zeit der Braunkohle als „Grundlastversorger“ zu Ende gehe, hätten Erneuerbare Vorrang: „Wir haben die Chance, Energieregion zu bleiben, wenn wir auch bei den Technologien von Morgen dabei sind. Moderne Speicher, intelligente Netze…“ Alle diese Themen, so van den Berg, stünden bei „Jamaika“ auf der „Giftliste.“ Und: „Nicht anpacken, da dies Jamaika beim Pöstchenschacher stören könnte. Es gibt nur eine Partei, die wirklich zur industriellen Wertschöpfung steht, weil sie sich ernsthaft mit ihrer Zukunft befasst. Und das ist die SPD!“ – siehe auch das Interview mit Guido van den Berg.
„..manchmal 60 Prozent SPD!“
Dann widmete er sich dem Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD, bei dem es „Licht und Schatten“ gebe: „Ich bin gegen Betreuungsgeld, PKW-Maut und wünsche mir endlich eine Bürgerversicherung.“ Sein Fazit: "In jedem Kapitel sind deutlich 40, manchmal glaube ich sogar 60 Prozent SPD erkennbar. Nicht schlecht bei einem Wahlergebnis von 25 Prozent“, so van den Berg. Das Echo dafür: Viel Beifall bei den Mitgliedern.
„Ein Bündnis des Personalklüngels!“
Diesen Beifall bekam auch Hans Krings, der sich intensiv mit der Politik im Kreistag beschäftigt hat und den Verantwortlichen ein schlechtes Zeugnis ausstellte: „In der Kreispolitik steht seit mehr als einem Jahr nicht mehr die Sache, sondern die Taktik im Vordergrund. Wir nennen das bei uns den Dreiklang, der da lautet: Ablehnen, abfälschen, abkupfern.“ Mit anderen Worten: Erst würden die Vorschläge der SPD-Fraktion „einmal aus Prinzip“ abgelehnt. Dann würden diese Vorschläge hervorgeholt, und als „Antrag der Regierungsmehrheit“ eingebracht. Das Fazit von Krings: „Das ist also keine inhaltliche Koalition im Kreistag, das ist ein Bündnis des Personalklüngels, die Inhalte sind dann schnell zusammengeschrieben und rüber gestülpt worden, um das Ganze schamhaft zu vertarnen.“ Zu den bevorstehenden Kommunalwahlen in 2014 sei er für die SPD optimistisch: „Wir sind inhaltlich breit aufgestellt und bieten auf allen Feldern der Kreispolitik die überzeugende Alternative.“
„Werde mit Nein stimmen!“
Während der Auszählung der Wahlzettel für den neuen Vorstand kam es weniger zur Aussprache über die Redebeiträge von Guido van den Berg und Hans Krings, sondern zu einer kontroversen Bewertung des Koalitionsvertrages. Thorsten Rekewitz, SPD-Mitglied aus Pulheim, konnte diesem Vertrag nichts Gutes abgewinnen: „Gegen die Würde der SPD“, und: „Werde mit Nein stimmen!“. Abgelehnt hat den Vertrag ein seiner Rede auch Genosse Storms aus Frechen: „Kein tragfähiger Kompromiss herausgekommen".
Dagegen bewerteten Helmut Latak aus Wesseling und Dierk Timm aus Pulheim, das Verhandlungsergebnis in der Summe als „akzeptabel.“
„Die SPD überzeugt mit ihrer langen Geschichte!“
Dass die SPD in diesen Zeiten auch noch für junge Menschen interessant ist, dies belegen Antworten von Meral (20) aus Kerpen, die erst vor knapp zwei Wochen der SPD beigetreten ist.
Übrigens: Guido van den Berg erhielt bei seiner Wiederwahl als Kreis-Chef der SPD knapp 87 Prozent der Stimmen."