Gewaltige Detonation im deutschen Camp

Rauchschwaden waren über dem Camp der deutschen Polizei in Kabul während eines Angriffs von Selbstmordattentätern zu sehen.
Rauchschwaden waren über dem Camp der deutschen Polizei in Kabul während eines Angriffs von Selbstmordattentätern zu sehen.

Lesen Sie hier den Bericht in Kölnischen Rundschau vom 12.11.2012 von Wolfgang Kirfel:

"Es war am frühen Morgen um 6.23 Uhr, als Polizeioberkommissar Christoph Tappe von einer gewaltigen Detonation aus dem Schlaf gerissen wurde. Tappe befand sich im Rahmen eines Auslandseinsatzes in seiner Unterkunft im „Green Village“, dem Camp der deutschen Polizei in der afghanischen Hauptstadt in Kabul. Das Lager war Ziel eines Angriffs von vier Selbstmordattentätern. Von solch einschneidenden Erlebnissen bei Einsätzen in internationalen Friedensmissionen im Kosovo und in Afghanistan berichteten Tappe, die Polizeikommissarin Laura Philippen und der Polizeidirektor Otto K. Rohde am Montag im Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten (LAFP) der Polizei NRW in der Rheinstraße. Den Ausführungen hörten Guido van den Berg, Landtagsabgeordneter und Mitglied des Innenausschusses, und der SPD-Bundestagskandidat Dierk Timm gespannt zu.

„Die Attentäter hatten am 2. Mai mit einer Autobombe, die aus rund 500 Kilogramm TNT bestand, das Doppeltor zu dem Camp gesprengt und waren in den äußeren Sicherheitskreis eingedrungen“, berichtet Tappe. Der Fahrer des Wagens sei bei der Aktion ums Leben gekommen. „Die drei Selbstmordattentäter hatten jeweils 15 Kilogramm TNT an ihren Körpern. In einem zweistündigen Feuergefecht mit den Sicherheitskräften wurden sie erschossen“, erinnert sich der Polizeioberkommissar. Koordiniert vom LAFP wurde umgehend ein Kriseninterventionsteam, bestehend aus einem Leitenden Arzt der Bundespolizei, einem Polizeiseelsorger und einem Beamten nach Kabul geschickt. „Sie hatten unter anderem die Aufgabe, herauszufinden, ob nach dem Anschlag Kollegen in die Heimat gebracht werden mussten“, sagt Tappe. Seine Erfahrungen flossen anschließend in die Arbeit des LAFP ein. Dort werden Polizisten vor allem aus Deutschland, den Benelux-Staaten und der Schweiz auf Auslandseinsätze vorbereitet. Laura Philippen war in Faizabad stationiert und trainierte dort afghanische Ausbilder. „Als Frau ist man anfänglich ein Exot“, erzählt die Kommissarin von ihrem ersten Auslandseinsatz. Körperkontakt sei verboten gewesen. „Deshalb musste ich bei der Vorführung von Festnahmetechniken auf männliche Kollegen zurückgreifen“, sagt die 28-Jährige. „Wenn es die Sicherheitslage zuließ, durfte ich das Lager auch verlassen. Die Bevölkerung war sehr freundlich“, erinnert sich Philippen. Die einheimischen Frauen mit Burkas seien an ihr sehr interessiert gewesen.

Frauenanteil liegt bei 20 Prozent

Für Otto K. Rohde war der Einsatz in Pristina, der Hauptstadt des Kosovo, die erste Auslandsmission kurz vor dem Ende seiner Dienstzeit. „Ich war dort Berater für die Führungsebene der Kosovo-Polizei und Leiter des deutschen Polizeikontingents mit rund 100 Mitarbeitern“, sagt Rohde. Die Zusammenarbeit mit Kollegen aus 30 Nationen habe ihn sehr beeindruckt. „Die Sicherheitslage im Kosovo war gut. Nur im Norden des Landes war es gefährlich“, erzählt Rohde.
„Wir haben viele interessante Details erfahren“, sagt van den Berg. Bei den Auslandseinsätzen könnten die Beamten viele Dinge wie Sprachen oder interkulturelle Kompetenzen erlernen, die ihnen später zu Hause zugute kämen. Timm fand bemerkenswert, dass der Anteil der Frauen bei Auslandseinsätzen nur bei 20 Prozent liege. „Es stellt sich die Frage, wie man mehr Frauen einbinden kann“, erklärte der SPD-Politiker. Erfreulich sei, dass die Polizei „ein ausgeklügeltes System für die Nachbereitung der Einsätze“ habe. Wenn nötig, gebe es auch eine psychologische Betreuung."