SPD zeigt Geschlossenheit und stellt Konzepte zu Kreispolitik vor

Der Vorstand mit Guido van den Berg, Gabriele Frechen, Ute Meiers und Bernhard Hadel. (Foto: Kurth)
Der Vorstand mit Guido van den Berg, Gabriele Frechen, Ute Meiers und Bernhard Hadel. Dierk Timm musste den Parteitag schon während des Wahlgangs verlassen.
Bernhard Hadel, Guido van den Berg und Gabriele Frechen auf dem Kreisparteitag Bernhard Hadel, Guido van den Berg und Gabriele Frechen auf dem Kreisparteitag (Foto: Funken)
Blumen für den alten und neuen Vorsitzenden. Gabriele Frechen und Bernhard Hadel gratulieren Guido van den Berg zur Wiederwahl mit einem überragenden Ergebnis.

Auf dem Parteitag der Rhein-Erft SPD war die Aufbruchsstimmung greifbar. Noch vor zwei Jahren mussten die Sozialdemokraten ihre damaligen Wahlniederlagen aufarbeiten. Seither hat die Partei starl an sich gearbeitet. Das Delegiertensystem wurde abgeschafft. Die Mithlieder entscheiden. Auf "IdeenTreffs" wurden neue inhaltliche Positionen entwickelt. Kernerarbeit, die offenbar der Partei gut getan hat. Auf dem Kreisparteitag spürte man viel Unterstützung für den Kurs des Kreisvorstandes.

Der Kölner-Stadt-Anzeiger berichtet über den SPD-Parteitag im Artikel: "Van den Berg erzielt sein bestes Ergebnis – Der alte und neue Vorsitzende erhielt 91,5 Prozent der Stimmen – Dierk Timm neu im Vorstand" von Norbert Kurth am 21.11.2011:

"Der SPD-Kreisvorsitzende Guido van den Berg ist zum vierten Mal im Amt bestätigt worden. Beim Kreisparteitag in Gymnich erhielt er 91,5 Prozent der Stimmen. Diesmal durften alle SPD-Mitglieder wählen, nicht nur Delegierte. Neu im Vorstand ist Dierk Timm.

Damit hatte Guido van den Berg nicht gerechnet. Mit 169 gültigen Stimmen bestätigten die Mitglieder der Rhein-Erft SPD ihren Vorsitzenden am Samstag im Haus der St.-Sebastianus-Bruderschaft in Gymnich zum vierten Mal in seinem Amt. „Ich bin positiv überrascht“, sagte der alte und neue Parteichef. Das Ergebnis gelte aber auch dem Team, das viel geleistet habe. Bei der Wahl vor zwei Jahren hatte van den Berg 80,8 Prozent der Stimmen erhalten. Damals waren nur Delegierte wahlberechtigt. Diesmal stand es allen Mitgliedern frei, den kompletten Vorstand zu wählen.
Das neue Team um van den Berg ist weitgehend das alte. Gabriele Frechen wurde mit 160 Stimmen, Dierk Timm mit 135 Stimmen zu Stellvertretern gewählt. Kassierer Bernhard Hadel errang 166 Stimmen und Schriftführerin Ute Meiers konnte 164 Stimmen für sich verbuchen. Der Pulheimer Timm wurde damit wie von seinem Ortsverband vorgeschlagen, Nachfolger des Kerpener Parteichefs Ingpeer Meyer, der auf eigenen Wunsch nicht mehr für den Vorstand kandidierte.

Van den Berg hatte nach der Begrüßung durch Bürgermeister Franz-Georg Rips Bilanz gezogen und dabei war es ihm gelungen, mit den Themen Demografischer Wandel, Verkehr und Finanzen bei den Mitgliedern zu punkten. Er gab sich kämpferisch und griff die CDU scharf an. Der Union gehe es nur noch darum „Macht zu haben“. Dem Parteivorsitzenden der CDU, Gregor Golland, könne man zwar nicht vorwerfen, dass er neben dem Landtagsmandat seinen Beruf weiter ausübe. „Was ich ihm vorwerfe ist, dass er vor der Wahl etwas anderes gesagt hat“, so der SPD-Chef.

Für die Kreispolitik reklamierte van den Berg: „Die Sozis sind wieder auf Ballhöhe.“ Die Initiativen gingen von der SPD aus, ob es um Demenz oder um die Zukunft des Reviers gehe. Energiepolitik sei ein sozialdemokratisches Thema. Die Grünen im Kreistag dienten nur noch als Mehrheitsbeschaffer, „das ist die FDP mit Mülltrennung“, sagte van den Berg. Auch das Finanzgebaren kritisierte er.

Erhöhungen, etwa bei Zahlungen an den Landschaftsverband, lege die Mehrheit im Kreis gleich auf die Kommunen um. Wenn aber Geld zurückkomme, habe die Mehrheit „klebrige Hände“ und behalte das Geld, statt es an die Städte weiter zu geben. Hans Krings, der Chef der Kreistagsfraktion kritisierte den defizitären Haushalt des Kreises und warf der Mehrheit vor, von Geschenken des Bundes zu leben, etwa von Zahlungen zur Grundsicherung im Alter, die der Bund ab 2014 ganz übernehme und an den Kreis überweise. Krings kündigte „sehr ungemütliche Haushaltsberatungen“ an.

Die Mitglieder hatten bis in den Nachmittag hinein über zahlreiche Anträge abzustimmen. Kritische Auseinandersetzungen gab es beim Thema neue Kraftwerke. Insbesondere die Jungsozialisten wehrten sich gegen den geplanten Neubau in Niederaußem.

Der Elsdorf Harald Könen, Vorsitzender des Betriebsrates im dortigen Kraftwerk, verteidigte die Pläne und bezeichnete die geplanten neuen Blöcke als modernste Technik. Der Neubau stelle die Energiewende hin zu Erneuerbaren nicht in Frage.

Insgesamt wählten die SPD-Mitglieder 15 Beisitzer in den neuen Vorstand und entschieden auch, wer die Partei als Delegierter auf dem Bundes- und dem Landesparteitag vertreten soll."

Norbert Kurth kommentiert am 21.11.2011 im Kölner-Stadt Anzeiger unter: "SPD muss ihr Profil schärfen" zum Kreisparteitag der Sozialdemokraten:

"Er sei nicht der 90-Prozent Typ hatte Guido van den Berg noch vor ein paar Tagen einmal gesagt. Jetzt ist er es doch geworden. Die Mitglieder der SPD im Rhein-Erft-Kreis honorierten offenbar die unaufgeregte Art, mit der er frei übersetzt sagt: "Wir machen die Inhalte und kümmern uns umd die Zukunft."

Dass die CDU mit ihrem ebenso frei übersetzten Slogan: "Wahlen gewinnen, Mandate erringen" dazu die Vorlage geliefert hat, sei hier nur am Rande erwähnt. Denn eigentlich trumpft die SPD jetzt mit etwas ganz Selbstverständlichem auf, wenn sie ihre Politik an den Menschen im Rhein-Erft-Kreis und deren Belange ausrichtet.

Dass sie damit aber nun auffällt, dem SPD-Chef sein bestes Ergebnis beschert und die Partei neuen Mut schöpfen lässt, sagt etwas über den Zustand von Politik im Kreis und in deren guter Stube dem Kreistag, aus.

Der Verdacht, dass der Schwerpunkt der Politik dort auf Machterhalt und Machtsicherung gerichtet ist, liefert der SPD weitere Vorlagen für ihre politische Arbeit. Die Energiewende, der Öffentliche Personannahverkehr in der Region, die Interessen der Städte an Rhein und Erft, die Ausrichtung der Wirtschaftsförderung, die Entwicklung des Phantasialandesoder die Vorsorge und Hilfe bei Demenz sind Themen, die die SPD auf dem Schirm hat.

Jetzt nach dem Parteitag, muss sie dran beleiben. Und das bedeutet viel Arbeit, bei der die Sozialdemokratie ihr Profil weiter schärfen müssen. Denn ob die Mehrheit im Kreistag aus CDU, FDP und Grünen ihren Zenit tatsächlich überschritten hat, wie es der Sozialdemokrat Hans Krings meint, wird sich erst noch zeigen. Im Augenblick sieht es dannach (noch) nicht aus."

Die Kölnische Rundschau berichtet über die am 21.11.2011 im Artikel: „’Kein Wohlverhalten vereinbart‘ – SPD-Mitgliederversammlung beschert Guido van den Berg ein Top-Ergebnis“ von Manfred Funken:

"Knapp 180 SPD-Mitglieder versammeln sich im Schützenhaus der St.-Sebastianus-Bruderschaft in Erftstadt-Gymnich und treten den Beweis an, dass die Partei noch mitmischen will im Rhein-Erft-Kreis. Der neue Vorstand ist schnell gewählt.

Knapp 180 SPD-Mitglieder versammeln sich im Schützenhaus der St.-Sebastianus-Bruderschaft in Erftstadt-Gymnich und treten den Beweis an, dass die Partei noch mitmischen will im Rhein-Erft-Kreis. Der neue Vorstand ist schnell gewählt, Kreisparteichef Guido van den Berg erhält erstmals ein Ergebnis über 90 Prozent.
Dann geht’s an die Inhalte. Es ist das erste Mal, dass der Parteivorstand der SPD-Rhein-Erft nicht von einer Delegiertenversammlung gewählt wird, sondern von den Mitgliedern, die an diesem Samstagmorgen in zufälliger Zusammensetzung den Weg nach Gymnich gefunden haben. 179 stimmberechtigte Anwesende werden gezählt.

Zuvor hat van den Berg seinen Arbeitsbericht für die vergangenen zwei Jahre abgegeben. Von der Partei fordert er, sich zu öffnen, neue Ideen zuzulassen, aber an sozialdemokratischen Werten festzuhalten. Für die Arbeit im Kreistag hält er fest: „Die inhaltlichen Initiativen gehen von uns aus. Die anderen arbeiten sich daran ab, weil sie sich nicht über eigene Ideen und politische Arbeit definieren, sondern darüber, wie viele Posten und Mandate sie besetzen.“

Die CDU glänze im Kreis vor allem durch Nebentätigkeiten, sagt van den Berg. „Politik passiert da eher nebenher.“ Der Parteichef der Union, Gregor Golland, gehe neben seinem Landtagsmandat einer Beschäftigung bei RWE nach. „Das lässt das NRW-Abgeordnetengesetz ausdrücklich zu, aber Golland hat den Wählern vor der Landtagswahl 2010 etwas anderes versprochen.“ Und Landrat Werner Stump leite neuerdings „so ganz nebenbei eine millionenschwere Stiftung“. Der Landtagsabgeordnete Jürgen Rüttgers schließlich halte lieber Vorträge in Rom, als an Landtagssitzungen teilzunehmen. „Nebentätigkeiten sind offenbar wichtiger als der Auftrag, den die Wähler erteilt haben.“

Die kritischen Töne kommen an. Beifall gibt’s am Ende der Rede und bei der Wahl des Vorsitzenden 91,5 Prozent Zustimmung. „Da bin ich von früheren Wahlen her anderes gewohnt“, freut sich der wiedergewählte Kreisparteichef.

Seine Stellvertreter, Gabi Frechen (wiedergewählt, 93 Prozent) und Dierk Timm (neu im Amt, 81,3), erzielen ebenfalls deutliche Zustimmung. Ingpeer Meyer, bisher stellvertretender Vorsitzender, kandidiert nicht mehr, weil er im Kerpener Rat den Fraktionsvorsitz übernommen hat. Kassierer Bernhard Hadel, zwischenzeitlich auch mal „Mister 100 Prozent“, muss diesmal mit 96,9 Prozent zufrieden sein, Schriftführerin Ute Meiers erreicht 95,6 Prozent.

Während des Wahlgangs macht Kreistagsfraktionsvorsitzender Hans Krings in seiner Rede klar, dass er zwar eine Personalvereinbarung mit den anderen Fraktionen im Kreistag unterzeichnet habe, dass diese aber weder eine „Wohlverhaltensklausel für die SPD“ noch eine Verpflichtung in Sachfragen enthalte. Im Gespräch mit der Rundschau bekräftigt Krings erneut, dass er davon ausgehe, dass die SPD noch in der laufenden Wahlperiode einen eigenen Dezernenten in der Kreisverwaltung erhalte. Ohne für CDU und FDP wohlgefällig zu sein, wohlgemerkt. Um dies zu unterstreichen, schreibt er Werner Stump ins Stammbuch, dass er sich „eitel und mit viel Herzblut“ auf einer Spielwiese für Landräte und Oberbürgermeister tummele, der Regio Rheinland und der Metropolregion. Und zum Finanzgebaren der Kreistagsmehrheit merkt Krings an, dass sie jede Belastung auf die Kommunen umwälze, aber „mit klebrigen Fingern“ behalte, was unverhofft in die Kreiskasse fließe.

Bei den Anträgen zu Sachthemen – Innovationsregion Rheinisches Revier (van den Berg: „Hier reicht es nicht, einen Skilift auf der Sophienhöhe zu installieren“), ÖPNV, Integration von behinderten Schülern in Regelschulen, Energiepolitik – wird es munter, als die Jungsozialisten nicht nachvollziehen können, dass die Mutterpartei die RWE-Baupläne für einen BoAplus-Block in Niederaußem begrüßt. Das Ziel könne nicht sein, immer weiter Braunkohlenkraftwerke zu bauen.

Sie müssten im Gegenteil durch den Ausbau regenerativer Energien überflüssig werden, skizziert Alexander Saß die Position der Jusos. Da müssen van den Berg, Krings und Harald Könen, Kreisvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) und RWE-Betriebsrat, mehrfach ans Mikrofon, um am Ende noch eine Mehrheit für das positive Signal in Sachen BoAplus zu gewinnen. Vier 300-Megawatt-Blöcke würden abgeschaltet, das verspricht der RWE-Power-Vorstand laut Könen, wenn BoAplus ans Netz gehe. Und van den Berg versichert, dass man darauf achten werde, dass es ein Kraftwerkserneuerungsprogramm bleibe und kein Erweiterungsprogramm werde.

Als Beisitzer wurden gewählt: Panagiota Boventer (Hürth), Bernd Coumanns (Bedburg), Jean-Jacques Dengler (Brühl), Peter Estrich (Hürth), Reiner Grohmann (Kerpen), Rolf Heiringhoff (Elsdorf), Florian Herpel (Pulheim), Helge Herrwegen (Wesseling), Hartmut Hinz (Brühl), Susanne Loosen (Erftstadt), Ulrich Lussem (Frechen), Florian Papenfuß (Wesseling), Dr. Peter Peil (Kerpen), Tobias Trampenau (Bergheim) und Uwe Wegner (Erftstadt)."

Manfred Funken schreibt zur Rolle der Rhein-Erft SPD im Kommentar "Opposition" in der Kölnischen Rundschau vom 19.11.2011:

"Nach einer quälenden Zeot in der CDU/FDP-Falle (‚Stimm mit uns, dann gibt es Posten‘) ist die SPD jetzt offenbar bereit, eigene Standpunkte zu vertreten. Dass das neue Selbstbewusstsein bisweilen noch ander falschen Stelle und etwas ungeschickt vorgetragen wird, ändert nichts an der positiven Nachricht, dass sich die Sozialdemokraten in der Opposition zurückmelden.

Auch in der Partei ist neue Diskussions- und Gestaltungsfreude geweckt. Im Gegensatz zu einigen früheren Parteitagen gab’s in Gymnich keine Hahnenkämpfe.Inhalte standen im Vordergrund, und Meinungsvielfalt erschien erwünscht. Für die Parteiführung kam die neue Stärke der Jungsozialisten zwar etwas überraschend, gleichzeitig sollte sie aber freudig rgistriert haben, dass sich in der Alterpyramide auch unterhalb der AG 60plus wieder etwas regt.

Gespannt darf man sein, wie das aufgekündigte Wohlverhaltender SPD sich auf die Atmosphäre im Keistag auswirkt.Möglicherweise liefert die SPD damit CDU und FDP willkommenen Anlass, Abstand zu nehmen von Personalvereinbarungen, die sich nachdem Kreisdirektorin Gerlinde Dauber nun doch im Amt bleiben soll, ohnehon nicht mehr ohne Gesichtsverlust umsetzen lassen."