Grüner auf Guttenbergs Spuren

Man wolle die Jugendarbeit stärken, innovative Ansätze zur Energieversorgung unterstützen, familiengerechte Wohnumfelder schaffen und, überhaupt, den Bürgerservice stetig verbessern. Unbestreitbar gute Ansätze sind das, die der Ratsvertreter der Grünen in Bedburg, Michael Zöphel, in seinem Leitbild "Bedburg 2020" aufzeigt. Das Problem ist nur: Es sind genau die gleichen Ziele, die sich die Gemeinde Morsbach auf die Fahnen geschrieben hat. Und zwar aufs Wort.

Was eigentlich als Anregung und Vertiefung eines seit 2003 anvisierten Leitbildes der Stadt Bedburg gedacht war, sei schlicht "ein Plagiat", wie die Fraktionsvorsitzende der SPD, Heike Steinhäuser, dem Ratskollegen vorwarf. Und in der Tat hat Zöphels Vorlage frappierende Ähnlichkeit mit dem auf den Internetseiten der Stadt zugänglichen Leitbild von Morsbach (Oberbergischer Kreis). Lediglich die Schaffung der Voraussetzungen für eine Verbundgrundschule hat der Grüne wohlweislich aus seinem Entwurf herausgenommen. Eine solche war und ist nun nicht gerade explizit ein Thema in Bedburg.

Ansonsten hat sich Zöphel in seinem Entwurf genau an die Vorlage aus dem Oberbergischen gehalten. Dass die Stadt Bedburg nun unter der Überschrift "Kinder und Jugendliche sind die Zukunft unserer Gemeinde" in der Kommunalhierarchie herabgestuft wird, muss man dann in Guttenberg’scher Tradition wohl einfach in Kauf nehmen. Immerhin wurde "Morsbach" im Grünen-Text konsequent durch "Bedburg" ersetzt, wobei eine entsprechende Funktion in gängigen Textverarbeitungsprogrammen durchaus hilfreiche Dienste leisten kann.

SPD-Mitglied Steinhäuser glaubt dann auch nicht, dass man sich weiter an einem Plagiat abarbeiten sollte. "Wenn Sie ein Mann wären, würden Sie das zurücknehmen", keifte sie Michael Zöphel an. Der so Gescholtene entgegnete in relativer Gelassenheit, dass er nie den Eindruck erwecken wollte, dies sei sein geistiges Eigentum. "Das sollte ein Entwurf sein." Zudem hätte die SPD-Vertreterin bei einer weitergehenden Google-Recherche leicht erkennen können, dass es sich beim Leitbild von Morsbach "eigentlich um das von Bonn handelt".

Selbst wenn sich dies, auch nach eingehender Recherche, nicht erhärten lässt: Bürgermeister Gunnar Koerdt wollte die ganze Sache nicht zu hoch hängen. Er habe das Werk Zöphels für "eine Gliederung für einen strukturierten Prozess gehalten, nicht für ein ausgearbeitetes Leitbild". Auch CDU-Vertreter Georg Kippels amüsierte das Ganze eher, wie er bekannte. Ein solcher Antrag sei ja keine wissenschaftliche Arbeit. Im Übrigen habe man wichtige Aufgaben vor sich, "das sollte man nicht runterbrechen auf Kopiervorwürfe".
So einigte man sich im Rat schließlich darauf, erneut einen Arbeitskreis zu bilden, der sich in zwei Sitzungen um ein einheitliches und vor allem eigenes Leitbild für Bedburg kümmern soll. Kopierte dagegen seien eine Beleidigung für die Stadt, merkte SPD-Ratsmitglied Guido van den Berg an. "Vor allem, wenn sie auch noch Verspätung haben." Dies ist kaum von der Hand zu weisen: Zöphels Vorlage für Bedburg 2020 trägt den Titel "Morsbach 2015".