Kreis will keine Einsparanreize durch Energieoptimierung für Mieter mit Wohnkostenzuschüssen schaffen

Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Guido van den Berg hat eine Erklärung zu Protokoll zu TOP 4: „Staffelung der Kosten der Unterkunft nach dem Energiestandart der Wohnung“ der Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Kreisentwicklung und Energie am 26.11.2009 gegeben:

"Für die SPD-Kreistagsfraktion ist die vorgelegte Drucksache 307/2009 eine völlig unzureichende und in Teilen auch inakzeptable Verwaltungsvorlage. Schon in der Vorlage 220 hat die Verwaltung in entlarvender Weise ihre Unkenntnis gegenüber dem Themenbereich Staffelung der Kosten der Unterkunft nach dem Energiestandart der Wohnung dokumentiert. Schlimmer noch, sie dokumentiert zudem ihren Unwillen, sich überhaupt sachgerecht mit dem Thema auseinander setzen zu wollen.

Wenn man Klimaschutz und Energiepolitik im Rhein-Erft-Kreis ernst nehmen will reicht es eben nicht aus, Ausschüsse umzubenennen, blumige Leitbilder zu erstellen und vom Energiekreis zu sprechen. Wenn man das Thema Klimaschutz und Energie ernst nimmt so muss man konkret schauen, wo der Kreis in seiner direkten Zuständigkeit Einfluss nehmen kann.

Der Rhein-Erft-Kreis ist über die Zuteilung der Kosten der Unterkunft an die Bedürftigen im Rahmen des Sozialgesetzbuches II (SGB II) indirekt ein großer Mieter von privatem Wohnraum. Wenn man es so sehen will, ist der Kreis indirekt der größte Mieter überhaupt. Er könnte – wir sagen er sollte – seine Verhandlungsmacht nutzen um Energieeinsparungen, Kostenreduzierungen und Klimaschutz konkret umzusetzen. So etwas ist besser und nachhaltiger, als jedes neu erfundene Modellprojekt.

Wir stellen fest, dass das von der Kreisverwaltung wirtschaftlich wie rechtlich hinterfragte Modell in Bielefeld längst funktioniert. Es funktioniert dort wirtschaftlich. Und es funktioniert dort auch rechtlich.

Es ist unverständlich und nicht mehr auf sachlicher Ebene begründbar, dass die Kreisverwaltung das Bielefelder Modell unzureichend und auch fehlerhaft in ihren Darlegungen beschreibt:

1.)Herr Dezernent Cremer behauptet mit Schreiben vom 11.09.2009, dass man anstatt von steigenden von sinkenden Energiepreisen ausgehen sollte und führt als Begründung die Preisentwicklungen im vergangenen Jahr an. Diese Kurzzeitbetrachtung ist – Herr Cremer, das kann man nicht anders ausdrücken – lachhaft. Es gibt wirklich weltweit kein Energieszenario, dass mittelfristig und langfristig von sinkenden Energiepreisen ausgeht. Die von Herrn Cremer dargestellte Entwicklung ist zudem längst überholt. Die Gasversorgungsgesellschaft Rhein-Erft hat am 17.11.2009 dargestellt, dass die Erdgaskosten zu Beginn des kommenden Jahres um 4,7 Prozent steigen werden.

2.)Was entscheidend ist bei dem Thema Preisentwicklung. Das Haushaltsjahr 2008 der Stadt Bielefeld hat gezeigt, dass selbst bei kurzzeitig sinkenden Energiepreisen das Modell der Stadt Bielefeld haushaltsneutral bleibt und die Anreizwirkungen zum Sparen trotzdem erzielt werden.

3.)Die Verwaltung hat angeforderte Modellrechnungen aus Bielefeld für unterschiedliche Wohnraumfälle erhalten. Alsdann wird behauptet, dass ein Nachweis der Haushaltsneutralität von der Stadt Bielefeld nicht erbracht werden könnte. Dies ist falsch. Durch Nachfrage bei der Kämmerei der Stadt Bielefeld, die die Neutralitätswirkung bestätigt, wäre dieser leicht einzuholen. Hingegen verschweigt die Kreisverwaltung offenbar aus Unwissen oder aus anderer Motivation die Sparwirkung für die öffentlichen Finanzen, die in Bielefeld bereits messbar sind. Wir fragen daher dezidiert mit der Bitte um Beantwortung zu Protokoll:

Hat sich die Kreisverwaltung überhaupt mit den sinkenden Zuweisungen des Landes bei den Kosten der Unterkunft beschäftigt?

Gerade vor dem Hintergrund, dass die Verwaltung mit der Drucksache 220/2009 bereits eine nachweislich unzutreffende Tatsachenbehauptung getroffen hat, die sie heute korrigieren musste, wäre es aus Sorgfaltsgründen angebracht gewesen, wenigstens hier präzise zu sein.

4.)Es wird durch das Amt 50 fälschlich davon ausgegangen, dass man durch die Ausweitung von Pauschalierungen in einen rechtlich bedenklichen Bereich gerate. In Drucksache 307/2009 wird behauptet, dass in Bielefeld eine „pauschale Erhöhung der Angemessenheitsgrenzen bei den Kosten der Unterkunft“ stattfindet. Das ist definitiv falsch. Die Stadt Bielefeld greift überhaupt nicht in den Bereich Pauschalisierung ein. Beim Bielefelder Modell setzt man stattdessen auf den Rechtsrahmen des Produkthaushaltes und gestaltet die Determinanten des Produkts. Der Umstand, dass die Gestaltungsaufträge der Produktmethode des Neuen Kommunalen Finanzmanagements von der Kreisverwaltung nicht erkannt werden, offenbart einen erheblichen und erschreckenden Nachholbedarf verwaltungsseitig.

5.)Mit der falschen Annahme oder Behauptung es gehe in Bielefeld um eine „pauschalen Erhöhung der Angemessenheitsgrenzen“ wird in Anlage 3 ein Schreiben des Landesministeriums an den Kreis Düren als rechtlicher Beleg für Unzulässigkeit beigefügt. Tatsächlich ist es so, dass der Unterzeichner Herr Benedikt Siebenhaar, Gruppenleiter Arbeitspolitik im MAGS NRW, das Bielefelder Modell aus eigenen Abstimmungen mit der Stadt Bielefeld kennt und niemals Einwände erhoben hat.

6.)In der Vorlage merkt die Verwaltung, dass man mit einem „fachtechnischen Gutachten“ das Bielefelder Modell auf den Kreis übertragen müsse. Auch dies dokumentiert Unwillen oder Unfähigkeit sich mit dem Thema auseinander zu setzen. Man kann das Bielefelder Modell nicht „eins zu eins“ auf den Rhein-Erft-Kreis übertragen. Dies ist niemals behauptet worden. Die Situation des Wohnungsmarktes ist völlig unterschiedlich und es müssten eigene Parameter entwickelt werden. Diese können nicht durch Gutachten sondern nur durch konkrete Abstimmungen mit Beteiligten ermittelt werden. Hierzu wäre im ersten Schritt die Abstimmung mit kommunalen Wohnungsbaugesellschaften im Kreis ein richtiger Schritt um richtige Parameter zu finden. Der Vergleich mit Bielefeld zeigt nur die Funktionsweise und den Mechanismus, der am Ende Mietern, Vermietern, den Finanzen der öffentlichen Hand und der Umwelt nutzen kann.

Vor diesem Hintergrund bleiben wir bei unserem Antrag vom 24.06.2009. Wir bitten darum, den Beschlussvorschlag dahingehend wie folgt zu ergänzen, damit die Kreisverwaltung nunmehr aufgrund von gesicherten Fakten Vorlagen erstellen kann. Unsere Ergänzung:

„Die Kreisverwaltung wird beauftragt, auf Grundlage der Kostenstrukturen im Rhein-Erft-Kreis eine eigene Modellrechnung für verschiedne Wohnungstypen im Kreis zu entwickeln. Sie soll im ersten Schritt in Abstimmungsgespräche mit den kommunalen Wohnungsbaugesellschaften eintreten und diese valide machen. Sie soll beim Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes eine gesicherte Rechtsmeinung zum konkreten Sachverhalt einholen.

Wir bedauern als Fraktion ausdrücklich, dass es solche Anstrengungen bedarf für ein erkennbar sinnvolles Vorhaben zumindest eine fachlich richtige Verwaltungsvorlage zu erhalten."

Die schwarz-gelbe Mehrheit im Ausschuss bechloss, sodann sich nicht weiter mit den Einsparwirkungen bei den Kosten der Unterkunft für Mieter, Vermieter und öffentliche Finanzen zu beschgäftigen.