

Experten gehen davon aus, dass der anstehende Rückbau des 1988 stillgelegten Forschungsreaktors in Jülich zu den weltweit riskantesten Demontagevorhaben der Atomwirtschaft zählt. Grund dafür ist, dass hier mit dem Kugelhaufenreaktor ein besonderer Typ zum Einsatz kam und dass die Anlage zu Testzwecken mit überhöhten Temperaturen gefahren wurde.
Die SPD hat dazu im letzten Ausschuss für Umwelt, Kreisentwicklung und Energie hinterfragt, inwieweit der Katastrophenschutz des Rhein-Erft-Kreises in die Notfallpläne für den Rückbau eingebunden ist. „Die Antworten waren für den Ausschuss noch wenig zufrieden stellend“ fasst der Ausschussvorsitzende Guido van den Berg die Beratungen zusammen. Die Kreisverwaltung teilte mit, dass der Katastrophenschutz des Rhein-Erft-Kreises an der geplanten Entsorgungsaktion in Jülich bislang nicht beteiligt wurde, da die Zuständigkeit beim Kreis Düren liege. „Das ist wenig befriedigend und beunruhigend, da der Reaktor doch unmittelbar an der Kreisgrenze liegt und der Rhein-Erft-Kreis bei der vorherrschenden Westwindlage direkt betroffen wäre“, so der Sozialdemokrat. Als beunruhigend stellten Ausschussmitglieder fest, dass der Katastrophenschutz des Rhein-Erft-Kreises auch beim Störfall von 1978, bei dem 30 Kubikmeter Wasser aus einem leckenden Rohr in den Reaktor tropften und eine unkontrollierte Kettenreaktion sowie eine Beschädigung der Reaktorhülle möglich gewesen wäre, nicht informiert wurde.
Zur nächsten Ausschusssitzung soll die Fachbehörde gehört werden, die den Rückbau des Meilers in der westlichen Nachbarschaft von Elsdorf genehmigt hat. Zudem forderten die Mitglieder des Ausschusses, dass die konkreten Maßnahmen des Katastrophenschutzes des Kreises je nach Gefährdungslage konkretisiert werden. Die Kreisverwaltung hatte lediglich mitgeteilt, wie der theoretische Meldeweg anhand des ABC-Schutz-Konzeptes des NRW-Innenministeriums aussehen würde. Die Einstufung der Gefahrenlage würde schnell die Kreiskompetenzen überschreiten und müsste vielmehr bei der Bezirks- und Landesregierung stattfinden. Die konkreten Katastrophenschutzmaßnahmen seien jedoch auf jeden Fall nach dem Feuerschutz- und Hilfeleistungsgesetz primär bei den freiwilligen Feuerwehren des Kreises zu sehen. Die Koordinierung des Katastrophenschutzes sei eine Kreisaufgabe. Die Kreisverwaltung räumte ein, dass bei Unfällen, die in Jülich zur Freisetzung von Strontium-90 und Cäsium führen könnten, schnell Gefährdungslagen erreicht würden, die auch hier das Heranführen von überregionalen Rettungskräften wie der Bundeswehr notwendig machen würden.
Guido van den Berg und vielen Ausschussmitgliedern blieb das zu theoretisch: „Wir wollen wissen, was genau bei welchen Gefährdungslagen geschieht. Wie wird die Bevölkerung gewarnt? Wie lange werden die Vorwarnzeiten sein? Wie soll sich die Bevölkerung jeweils verhalten? Welche geeigneten Rettungsgerätschaften stehen für den Katastrophenschutz im Kreis bereit? Welche Hilfeleistungen können die Rettungskräfte je nach Gefährdungslage überhaupt leisten?“ In der kommenden Sitzung des Fachausschusses will die Verwaltung zu diesen Fragen weiter Auskunft geben.