
Voll besetzt war die Informationsveanstaltung der Rhein-Erft SPD für die Mieter der Erftland. Nach Plänen der CDU droht die Privatisierung eines erheblichen Anteils des Wohnungsbestandes. Die Mieter machten ihrem Ärger Luft, dass es seitens der Wohnungsbaugesellschaft keine Informationen für die betroffenen gibt. Landratskandidat Hans Krings hatte den Geschäftsführer des Deutschen Mieterbundes Lukas Siebenkotten eingeladen, der erste Hilfestellungen geben konnte.
Im Artikel: "Viel Ärger, etwas Aufklärung" von Norbert Kurth heißt es am 04.12.2008:
Mieter fürchten höhere Kosten bei Verkauf der Gesellschaft. Viele waren verärgert über die Informationspolitik. Die Ausführungen über Rechte und angemessene Protestformen vom Geschäftsführer des Deutschen Mieterbundes wurden aber dankbar angenommen.
„Was hier gesagt wird, das wussten wir gestern schon, wir sind genau so dumm wie vorher.“ Die Mieterin einer Erftland-Wohnung, die ihrem Ärger am Dienstagabend im Medio Luft machte, sprach, gemessen am Beifall, für viele, die der Einladung der SPD zum Informationsabend ins Medio gefolgt waren. Doch nicht alle gingen restlos unzufrieden nach Hause, denn vor allem über die Rechte und über die Formen angemessenen Protests gegen den Verkauf der Erftland-Wohnungen hatte Lukas Siebenkotten, Geschäftsführer des Deutschen Mieterbunds, die Besucher ausführlich informiert. Nur die wichtigsten Fragen, wann welche Wohnungen an wen verkauft werden sollen, konnten auch Dr. Kai Faßbender, SPD-Bürgermeisterkandidat in Bergheim, und Hans Krings, Landratskandidat der SPD, nicht beantworten. Aber das rechneten die Besucher nicht der SPD an, sondern der Wohnungsbaugesellschaft: „Die Erftland schweigt und lässt die Mieter im Unklaren“, rief eine Frau in Richtung Eingang. Dort stand gut sichtbar Erftland-Geschäftsführer Christian Nielsen, der sich offenbar mehr Gedanken um die Mieter macht, als manch einer glaubt. Nielsen erklärte zwar, er könne nichts sagen, weil – abgesehen von Kerpen – alle Verkaufsentscheidungen in nichtöffentlichen Sitzungen gefallen seien. Er habe aber bereits mit dem Kölner Mieterbund über eine Sozialcharta – eine Vereinbarung mit dem neuen Eigentümer zum Schutz der Mieter – gesprochen. Außerdem gebe es Gespräche mit öffentlichen Wohnungsbau- und Verwaltungsgesellschaften über eine Übernahme. Und wenn die die etwa 400 Wohnungen der Erftland übernähmen, sei das allemal besser, weil diese Gesellschaften die Einnahmen investierten, während Private davon noch die Rendite abzweigten, hatte Lukas Siebenkotten anschaulich erläutert. Die Furcht der Bewohner vor höheren Mieten und vernachlässigten Häusern wurde dadurch allerdings kaum geringer.
Natürlich überließen die zahlreich erschienenen Kommunalpolitiker im Medio dem SPD-Unterbezirk nicht allein das Feld. FDP, Linke, Unabhängige waren erschienen und meldeten sich zum Teil zu Wort. „Die Leute, die das Geld aus der Erftland genommen haben, sollen es wieder zurückgeben“, forderte wie andere etwa Dieter Hunke (SPD) und bekam dafür viel Beifall. Hunke spielte damit auf die Gründung einer Holding an, mittels derer Geld aus der Erftland in die Haushalte der vier Eigentümer-Kommunen fließen konnte. Das Geld, etwa 17 Millionen Euro, fehlt der Gesellschaft zur Sanierung der Wohnungen.
Nielsen forderte Hans Krings auf, sich für einen Verkauf der Wohnungen an die Kölner Wohnungsbaugesellschaft GAG stark zu zu machen. Auch Krings warf führenden Kommunalpolitikern vergangener Tage aus Kerpen, Bedburg, Elsdorf und Bergheim vor, sie hätten ihre Haushalte mit der Holding auf Kosten der Erftland saniert. Vielleicht sei ein Verkauf noch zu umgehen, wenn der Sanierungsstau behutsam, über Jahre verteilt, aufgehoben werde.
Im Kommentar: "Die Mieter sind die Dummen" von Norbert Kurth heißt es am 04.12.2008 im Kölner-Stadt Anzeiger:
"Fast alle wissen, worum es geht. Ein kleiner Kreis von Kommunalpolitikern weiß sogar vermutlich schon, wie viele Wohnungen der Erftland verkauft werden sollen und welche. Ob es ausschließlich Elsdorf trifft, wie es Hans-Peter Ruhnke bei der SPD-Versammlung im Medio formulierte, bleibt abzuwarten. Was aber auffällt: Viele wissen etwas, nur die Mieter nicht. Wie so oft erfahren die, die es wirklich betrifft zuletzt, was ihnen blüht. Sie sind es, die die Suppe auslöffeln müssen, kein Bürgermeister, keiner im Rat. Und schon gar keiner von denen, die die Erftland mit abenteuerlichen Holding-Konstruktionen aus den Angeln gehoben und die Mieteinnahmen dazu genutzt haben, über Umwege die Haushalte in Kerpen, Bergheim, Bedburg und Elsdorf zu finanzieren. Die Finanzjongleure, die dies eingefädelt und durchgesetzt haben, sind heute nicht mehr in Amt und Würden. Sie sind es eigentlich, die den Mietern jetzt Rede und Antwort stehen müssten. Aber das werden sie nicht tun, das haben sie noch nie getan. Forderungen, die 17 Millionen Euro, für die Erftland heute noch blutet, von den Kommunen zurück zu verlangen, sind allerdings populistisch. Es juckt einem zwar in den Fingern, aber es träfe wieder Menschen, die nichts dazu können. Klamme Haushalte gehen zulasten der Bürger, weil die freiwilligen Ausgaben zurückgefahren oder gar gestrichen werden. Für die Erftland-Mieter, die betroffen sind, gibt es allerdings Hoffnung. Es könnte sein, dass eine andere kommunale Gesellschaft Eigentümer wird und den Mietern die Sicherheit gibt, die sie bisher hatten. Den die Zeiten, in denen so genannten Heuschrecken solche Wohnungen kaufen, um daraus Kapital zu schlagen, sind vorerst vorbei. Die Heuschrecken sind von der Finanzkrise verjagt worden.
"Im Artikel: "Wer kauft wann welche Wohnung?" SPD hatte bei einer Erftland-Mieterversammlung keine Antworten parat berichtet Manfred Funken in der Kölnischen Rundschauvom 04.12.2008:
"1000 Leute eingeladen, den kleinsten Raum im Medio gemietet: Das konnte nicht gutgehen. Die SPD Rhein-Erft hatte zur Versammlung der Erftland-Mieter eingeladen, und rund 100 Besucher kämpften um 60 Sitzplätze.
Deswegen murrten die Mieter nicht. Den Unmut des Publikums zog sich das Podium aber zu, weil es auf die entscheidenden Fragen keine Antworten wusste. "Wann wird verkauft und an wen. Welche Wohnungen sind betroffen?", wollten die Mieter wissen. SPD-Landratskandidat Hans Krings und der Bergheimer SPD-Ortsvereinsvorsitzende Kai Faßbender mussten passen. Und der Direktor des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, war ohnehin nur gekommen, um sich allgemein zum Mietrecht und zu den Möglichkeiten der Mieter zu äußern.
Wenn eine kommunale Wohnungsgesellschaft an eine andere kommunale Wohnungsgesellschaft verkaufe, sei das kein Problem. Auch mit Firmen, deren Kerngeschäft das Vermieten sei, könne man zu annehmbaren Konditionen kommen. "Schlimm wird es, wenn sogenannte Heuschrecken ins Geschäft kommen, Fonds, die kein anderes Ziel haben als möglichst schnell, möglichst viel Rendite aus einem Objekt zu ziehen", erklärte Siebenkotten den Zuhörern. Aber er machte ihnen Mut zu kämpfen: "Es stehen Wahlen bevor, da lässt sich Druck aufbauen und manches mehr bewegen als sonst."
Die Mieter hatten inzwischen Erftland-Geschäftsführer Christian Nielsen auf den Stehplätzen ausfindig gemacht und forderten lautstark, er solle umfassend Auskunft geben. Nach anfänglicher Abwehr – "Bin nur zu Besuch" – ergriff Nielsen schließlich doch das Mikrofon, bat aber nur um Verständnis dafür, dass er nichts sagen könne. Zum einen seien die bisher gefassten Beschlüsse nichtöffentlich, zum anderen sei noch keine Entscheidung darüber gefallen, an wen, wann und welche Wohnungen verkauft werden.
Entscheidung noch nicht gefallen
Nielsen appellierte an die Politik, dafür zu sorgen, "dass eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft die Wohnungen kaufen kann und darf".
"Dann gehen wir jetzt genauso dumm nach Hause, wie wir gekommen sind", fasste eine Mieterin den Abend zusammen. Einmal allerdings hatte auch sie applaudiert, an der Stelle nämlich, als der SPD-Kreistagsabgeordnete Dieter Hunke forderte, die Kommunen, die 2003 durch den Verkauf an die eigene Holding 17 Millionen Euro aus der Erftland gezogen hätten, sollten doch jetzt bitte das Geld zurückzahlen.
Etwas populistisch fand der Kerpener UWG-Sprecher Wolfgang Scharping den Vorschlag und wenig realistisch: "In welche leere Kasse soll man da greifen?" Auch Die Linke nutzte die SPD-Plattform, verteilte Flugblätter und ließ ihr Vorstandsmitglied Manfred Klein den Inhalt referieren: "Wir sind gegen den Verkauf, weil die Mieter sich andere Wohnungen nicht leisten können."
Hans Krings seufzte am Podiumstisch: "Wir sind ja so demokratisch . . . Bei uns kommt jeder zu Wort."