„Wohnungen sind keine Wahre“

LEG Wohnungen in Frechen
Ehemalige LEG Wohnungen wie an der Frechener Burgstraße gibt es im ganzen Kreis. Der Eigentümerwechsel verunsichert viele Mieter.
Franz-Georg Rips und Edgar Moron
Mieterbund-Präsident Franz-Georg Rips und Landtags-Vizepräsident Edgar Moron sehen den Whitehall-Fonds kritsch.

Heute hört es sich so an, als ob angesichts der Finanzmarktkrise alle Parteien skeptisch bezüglich marktradikaler Vorstellunen wären. Am Beispiel der LEG-Wohnungen sieht man, dass es nicht so ist. Man kann jetzt die ersten Auswirkungen des Verkaufs von Wohnungen durch CDU und FDP an eine "Heuschrecke" auch im Rhein-Erft-Kreis beobachten. Für die SPD mit ihrem Landratskandidaten Hans Krings ist klar: "Wohnungen sind keine Wahre."

Lesen hier die Berichte der Kölnischen Rundschau und des Kölner-Stadt-Anzeigers vom 17.10.2008 mit den Artikeln von Margret Klose und Tobias Christ.

Kölnische Rundschau vom 17.10.2008:

Modernisierungen auf Eis gelegt
Mieter der LEG Wohnungeninformiert. Neuer Eigentümer kürzt Investitionen.

„Unterschreiben Sie erst einmal nichts gegenüber den neuen Eigentümern“, appellierte am Mittwochabend Franz-Georg Rips als Präsident des Deutschen Mieterbundes. Rund 20 Bürger waren zur Informationsveranstaltung der SPD ins alte Rathaus gekommen. Es ging um die von der Landesregierung verkaufte Landeseigene Wohnungsgesellschaft (LEG). LEG-Wohnungen gibt es im Rhein-Erft-Kreis in Frechen, Kerpen und Wesseling.

Bevor Rips jedoch konkrete Verhaltensvorschläge machte und die Fragen der Bürger beantwortete, erklärte Guido van den Berg, Kreisvorsitzender der SPD, dass die Landesentwicklungsgesellschaft zum 31. August mehrheitlich an den amerikanischen Investmentfonds Whitehall veräußert wurde. SPD-Landtagsvizepräsident Edgar Moron ließ die Anwesenden wissen, dass die SPD die Wohnungen am liebsten zurückkaufen würden. Er kann sich sogar vorstellen, dass Whitehall die Wohnungen in Anbetracht der prekären amerikanischen Finanzsituation sofort wieder an die Landesregierung verkaufen würde. „Doch das wird die Landesregierung nicht mitmachen“, so Moron. Vom Verkauf betroffen sind 93 000 Wohnungen. Moron erklärte auch, dass sämtliche Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten nun erst einmal aufs Eis gelegt wurden.

Wurden bisher pro Jahr und Quadratmeter 25 Euro in die Instandsetzung investiert, so hat der neue Eigentümer laut Rips diese Investitionskosten erst einmal pro Jahr und Quadratmeter um einen Euro gekürzt. „Und was wird jetzt aus der Sanierung unserer Heizung – die ist schon rund 35 Jahre alt“, wollte ein Bürger wissen. „Das gesamte Sanierungsprogramm ist erst einmal in Frage gestellt“, so Rips. Anspruch bestehe nur dann, wenn die Heizung defekt sei.

Rips erklärte in diesem Zusammenhang, dass die Modernisierungsmaßnahmen zu einer Mieterhöhung von bis zu elf Prozent führen könnten. Noch haben die Mieter der LEG-Wohnungen aus Wesseling aber noch keinen Brief von den neuen Eigentümern erhalten. „Der Vertrag, den Sie mit der LEG geschlossen haben, ist gültig und fair – unterschreiben Sie nichts, bevor Sie sich zuvor nicht gründlich haben beraten lassen“, warnte Rips eindringlich.

Kölner-Stadt-Anzeiger vom 17.10.2008:

SPD informiert über ehemalige LEG-Wohnungen.
Rips: Investor will Geld sehen

Der Mieterbund-Präsident Franz-Georg Rips und der SPD-Landtagsvizepräsident Edgar Moron informierten übet ehemalige LEG-Wohnung und ließen kein gutes Haar am neuen Eigentümer.

Seit 1970 wohnt Max Braun in einer Wohnung am Wesselinger Friedensweg. Bis zum Juni dieses Jahres war die landeseigene Entwicklungsgesellschaft LEG sein Vermieter, nun gehört das Haus dem amerikanischen Whitehall-Fonds. Seitdem hat Braun immer wieder Schlechtes gehört von dem Investor, den der Deutsche Mieterbund nach dem Verkauf der bundesweit 93 000 LEG-Wohnungen als „Heuschrecke“ bezeichnete. Bessere Nachrichten erhielt der 58-Jährige auch auf der jüngsten Veranstaltung der Rhein-Erft-SPD im historischen Wesselinger Rathaus nicht.

Als Experten hatten die Sozialdemokraten als erklärte Gegner des Verkaufs Franz-Georg Rips, Präsident des Deutschen Mieterbundes, und Edgar Moron, erster Vizepräsident des nordrhein-westfälischen Landtags eingeladen. Nicht zufällig fand die Informationsveranstaltung in der Stadt am Rhein statt – hier befindet sich ein großer Teil der kreisweit 1500 ehemaligen LEG-Wohnungen, in denen auch zahlreiche Hartz-IV-Empfänger leben.

Sonderlich viele Beschwerden über den neuen Eigentümer aus Amerika sind den Sozialdemokraten zumindest im Rhein-Erft-Kreis noch nicht zu Ohren gekommen. Rips ließ dennoch kein gutes Haar am neuen Eigentümer Whitehall. Die Rendite – die Vorgabe liegt laut Rips bei 20 bis 25 Prozent – sei Whitehall wichtiger als das Wohl der Mieter. Die Investitionen in Sanierungen und Instandsetzungen seien um die Hälfte gekürzt worden, vor allem unter dem Gesichtspunkt explodierender Energiekosten sei ein Sanierungsstopp unvertretbar. Die Renditeerwartungen werden in Zukunft noch steigen, vermutet Rips. Schließlich sei Whitehall ein Fonds der angeschlagenen Investmentbank Goldman Sachs, und der wolle „Geld sehen“.

Ein Hausmeister, der sich im Publikum befand, bestätigte auf Anfrage die Kürzungen: „Wir machen keine Renovierungen mehr“, meinte er. Das Budget für Reparaturen sei um 20 Prozent gekürzt worden. Alles, was nicht mit der Versorgung mit Strom, Wasser oder Wärme zu tun habe, werde nicht mehr repariert. „Ich habe meine Vorgaben“, so der Hausmeister.

Mieter gewarnt

Rips warnte die Mieter davor, Verträge von Whitehall zu unterschreiben. Da die alten Verträge Bestand hätten, könnten sich die Mieter nur verschlechtern. Mit der beim Verkauf der LEG-Wohnungen ausgehandelte „Sozialcharta“ seien zwar Kündigungen wegen Eigenbedarfs ausgeschlossen, Mieterhöhungen begrenzt und Mietern ab 60 Jahren ein lebenslanges Mietrecht gewährt worden. Allerdings sei das Regelwerk nur bis 2018 gültig, so Rips. Auch Moron kritisierte den Verkauf als „für die betroffenen Mieter mehr als unsoziale Entscheidung“. Das Verkaufsverfahren sei „extrem intransparent“ abgelaufen. Laut Rips war der Verkauf für das Land zu allem Überfluss kein gutes Geschäft.

Max Braun bleibt dennoch gelassen. Zwar befürchtet auch er, dass nicht mehr so viel wie früher in seinem Haus investiert wird: „Aber et kütt wie et kütt. Wenn es hart auf hart kommt, suche ich mir halt etwas anderes.“ Die SPD will auch in Zukunft Informationsabende für Whitehall-Mieter anbieten.

Wohnungen in vielen Städten

Die meisten ehemaligen LEG-Wohnungen im Kreis befinden sich in Wesseling, unte anderem an der Flach-Fengler-Straße und dem Friedensweg. Rund 500 Wesselinger Wohnungen gehören jetzt zum Whitehall-Fonds. In Bergheim befinden sich Wohnungen im Wohnpark an der Otto-Hahn-Straße in Zieverich, am Wildentenweg in Quadrath-Ichendorf, am Lohweg in Niederaußem, in der Waldsiedlung Oberaußem und am Adlerweg in Kenten. In frechen gibt es einen großen Komplex an der Burgstraße, in ürth stehen Immobilien an der Frankenstraße, dem Kiebitzweg und dem Gustav-Stresemann-Ring. Auch die Hochhäuser an der Buchenhöhe 4 bis 6a in Kerpen-Horrem gehörten zum Bestand der LEG.