


Die Bundes-SPD machte mit ihrer Diskussionsveranstaltung "Nah bei den Menschen" zum Thema Arbeitnehmerrechte Station im Rhein-Erft-Kreis. Mit dabei war die stellvertretenden SPD-Vorsitzenden Andrea Nahles, der Vorsitzende der Rhein-Erft SPD Guido van den Berg, die Bundestagsabgeordnete Gabriele Frechen, die Patientenbeauftragten der Bundesregierung Helga Kühn-Mengel (MdB), der SPD-Landratskandidaten Hans Krings, der Vorsitzende der SPD Köln Jochen Ott sowie der Betriebsratsvorsitzende "Technikzentrum Tagebaue/Hauptwerkstatt Grefrath" Norbert Pohlmann.
Presseberichte
Im Artikel: „Mitbestimmung ist unter Druck – Andrea Nahles diskutierte bei RWE in Grefrath über Arbeitnehmerrechte“ im Kölner Stadt Anzeigers vom 04.04.2008 berichtet Norbert Kurth:
"„Arbeitnehmerrechte sind dort ein Thema, wo Menschen Arbeit haben und sie auch behalten wollen“, sagte der Vorsitzende des Betriebsrates der RWE-Power- Hauptwerkstatt in Grefrath, Norbert Pohlmann, zur Begrüßung. Für Andrea Nahles, die Vize-Vorsitzende der SPD, ein guter Einstieg in „ihr“ Thema. Mit etwa 200 meist geladenen Sozialdemokraten aus dem Rhein-Erft-Kreis und aus Köln, darunter einige prominente Parteivertreter und Abgeordnete wie Gewerkschafter und Betriebsräte, diskutierte Nahles knapp zwei Stunden im Rahmen der Reihe „Nah bei den Menschen“ ihre Strategie zur Verteidigung von Arbeitnehmerrechten.
„Die Mitbestimmung in Deutschland ist unter Druck“, rief sie und sagte denen den Kampf an, die die Errungenschaften für einen „alten Zopf“ oder gar für einen Anachronismus halten. „Mit einer reinen Verteidigungslinie wie bisher können wir das Niveau der Mitbestimmung nicht halten.“ Und dass es ihr missfalle, dass 4,6 Millionen Menschen weniger als 7,50 Euro in der Stunde verdienten und davon 1,3 Millionen Menschen Zuschüsse zum Überleben brauchten, dass Schluss sein müsse mit ewig langen Praktika, dass zum Entsendegesetz auch der Mindestlohn gesetzlich geregelt werden müsse. Deutschland dürfe sich nicht zum Billiglohnland entwickeln, wie es sich etwa bei der Fleischverarbeitung dänischer Firmen, die wegen der niedrigen Löhne hierhin gezogen seien, andeute. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, forderte Nahles, die reichlich Beifall bekam und keine Antwort schuldig blieb: RWE-Betriebsräten versicherte sie, dass Braun- und Steinkohle, nicht aber Atomstrom, einen festen Platz im Energiemix hätten. NRW müsse als Industriestandort erhalten bleiben, bekräftigte sie, denn die Industrie sei immer noch die Grundlage der wirtschaftlichen Entwicklung. Zur Rente mit 67 Jahren erklärte Nahles auf Fragen: „Es muss einen Korridor zwischen 60 und 67 geben, in dem der Ausstieg über Altersteilzeit, Teilrente oder Erwerbsminderungsrente möglich sei. Zum Teil beantwortete die Pfälzerin sehr dataillierte Fragen, etwa zur parteiintern strittigen Debatte über die Bahnprivatisierung. „Wir sind in seiner sachlichen Diskussion“, sagte sie. Klar sei aber, dass der Nahverkehr nicht privatisiert werden dürfe. „Ich hätte was dagegen, wenn irgendwelche Heuschrecken die Finger im Regionalverkehr zwischen Köln und Frechen hätten.“"
Im Artikel ""Die verfluchte große Koalition" -Andrea Nahles labt die Seelen der SPD-Arbeitnehmerschaft" in der Kölnische Rundschau vom 04.04.2008 berichtet Manfred Funken:
"Von Anfang an machen die Besucher des Ausbildungszentrums von RWE Power in Frechen-Grefrath am Mittwochabend klar: Die SPD hat bei ihrem angestammten Klientel etwas gutzumachen. An die 200 Parteimitglieder sind erschienen, überwiegend Gewerkschafter und Betriebsräte, unter anderem von RWE Power und Toyota, allesamt ausgestattet mit kritischen Fragen zum sozialen Wirken der großen Koalition in Berlin und zur Außendarstellung der eigenen Partei.
"Deutschland-Dialog: Nah bei den Menschen" heißt die Veranstaltungsreihe, mit der die Bundeszentrale der SPD die Basis vor Ort auf künftige Aufgaben einstimmt und mit der sie Schönwetter macht bei manch erzürntem Mitglied. Geschickterweise hat der Bundesvorstand aus der Vizeriege nicht Peer Steinbrück oder Frank-Walter Steinmeier nach Frechen entsandt, sondern Andrea Nahles. Bei der Expertin für Arbeit und Soziales laufen die Arbeitnehmervertreter offene Türen ein. Sie labt geschundene Seelen: Schluss mit dem Missbrauch der Leiharbeit, mit der Ausbeutung junger Menschen als Praktikanten, her mit den Mindestlöhnen. "Es kann nicht sein, dass der Steuerzahler einspringen muss für Unternehmen, die ihre Leute nicht anständig bezahlen", stellt sie fest und erntet Beifall. Zu defensiv seien die Gewerkschaften in vielen Fragen gewesen – und schlecht organisiert: "Wenn die Konzerne sich globalisieren und wir hier auf nationale Nähstube machen, ist das zu wenig."
Man müsse die Mitbestimmung verteidigen, "was uns bisher auch in dieser verfluchten großen Koalition gelungen ist". Die Verlagerung von Betrieben innerhalb der EU dürfe nicht auch noch steuerlich begünstigt werden. Und wenn man sich in der europäischen Gemeinschaft frei niederlassen dürfe, dann aber zu den Bedingungen des jeweiligen Landes, "und hier bei uns nicht für 2,50 Euro die Stunde". Applaus.
Weil RWEler danach fragen, betont Nahles die Bedeutung von Stein- und Braunkohle im Energiemix. Und weil Konzernangehörige danach hätten fragen können, erteilt sie in einem Atemzug einer erweiterten Nutzung der Atomenergie eine klare Absage. Auch an Deutschlands Weg in Sachen Klimaschutz lässt sie nicht rütteln: "Ich bin froh, dass wir die Latte etwas höher legen als andere Länder."
Die Rente mit 67 ist natürlich Thema. Sie sei sicher für viele passend, aber nicht für alle. Menschen mit stark belastender Arbeit müssten die Chance haben, früher und ohne große Einbußen aufzuhören, sagt die Vorzeigelinke der SPD.
Ein Thema schiebt Nahles mit assistierenden Bundestagskolleginnen Helga Kühn-Mengel und Gabi Frechen ganz nach hinten: Die Lage in Hessen im Besonderen und die Linkspartei im Allgemeinen. "Das Fünf-Parteien-System muss man zur Kenntnis nehmen und die Linkspartei trotz aller historischer Belastung als das nehmen, was sie ist: ein politischer Gegner, mit dem man sich von Fall zu Fall inhaltlich und personell auseinandersetzen muss. Und wir sollten nie wieder vor einer Wahl eine Koalitionsaussage machen."